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Feigenblatt E-Autos: Falsche Strategie bei der Elektromobilität

Ben Schwan

Dass es den Auto-Herstellern nicht wirklich um Elektromobilität an sich gehe, sehe man auch an ihrer Modellstrategie, kritisiert Andreas Gutsch vom Karlsruher Institut für Technologie. Und die Politik mache mit.

Die derzeitige Strategie, um Elektrofahrzeuge auf deutsche Straßen zu bringen, "ist grundlegend falsch", kritisiert [1] der Batterieforscher Andreas Gutsch im Interview mit Technology Review (aktuelle Ausgabe hier [2] zu bestellen). "Privatkonsumenten sollen die Elektroautos kaufen. Man will also eine teure Technologie in einem sehr preissensiblen Markt einführen", so der Leiter des Elektromobilitätsprojekts "Competence E". Das könne nicht funktionieren. Denn Strom sei zwar billiger als Benzin, aber längst nicht so viel, dass sich die 10.000 Euro an Mehrkosten für das Auto lohnen würden.

Die Politik habe bei dieser Strategie zu sehr auf die Autokonzerne gehört. Gutsch zufolge nutzen die Hersteller E-Fahrzeuge vor allem als Feigenblatt, um ihren Flottenverbrauch zu senken und die von der EU vorgegebenen CO2-Ziele zu erreichen. "Die Autohersteller müssen vergleichsweise wenig E-Autos absetzen, um die CO2-Vorgabe zu erreichen. Es ist auf jeden Fall nicht jene Million, die die Bundesregierung 2020 gern hätte", so Gutsch. Dass es den Herstellern nicht wirklich um Elektromobilität an sich geht, zeige auch ihre Modellstrategie. "Sie führen eine teure Technologie ausgerechnet im Kleinwagen-Segment ein, obwohl es dort doppelt schwer ist, einen Aufpreis zu verlangen. Normalerweise beginnen sie damit in der teuersten Fahrzeugklasse."

Als sinnvolleren Einstieg in die Elektromobilität sieht Gutsch den öffentlichen Nahverkehr. E-Stadtbusse seien aufgrund ihrer höheren Jahresfahrleistung bereits heute wirtschaftlich. "Zudem reduziert ein Elektrobus den Kohlendioxid-Ausstoß um die gleiche Menge wie 60 E-Autos. Statt einer Million Elektrowagen, wie das Ziel der Bundesregierung für 2020 lautet, bräuchten wir nur 17.000 E-Busse." Die Reichweite sei kein Problem. "Im Unterschied zu Privatautos bieten die Fahrzeuge genug Platz für große Batterien." China habe die Chance längst begriffen. "Dort fahren bereits rund 10.000 Elektrobusse."

Mehr zum Thema in Technology Review:

(bsc [4])


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[2] http://shop.heise.de/zeitschriften/technology-review/magazin
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[4] mailto:bsc@heise.de