Fischer-Schach gegen Computerprogramme

Um das exzessive Eröffnungsstudium zugunsten der Kreativität in den Hintergrund zu drängen, wird beim Fischer-Schach die Grundstellung ausgewürfelt.

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Von
  • Lars Bremer

Am heutigen Mittwoch treten in Mainz zwei Weltklasse-Großmeister zu einem Schachmatch der besonderen Art gegen Computerprogramme an: Sie spielen Fischer-Schach. Dabei wird die Aufstellung der Figuren auf der Grundreihe vor der Partie ausgewürfelt.

Der Schaukampf geht über zwei Schnellschach-Partien mit 25 Minuten Bedenkzeit pro Spieler plus jeweils 10 Sekunden Zeitgutschrift pro Zug. Zuschauer können die erste Runde ab 11:00 Uhr und die zweite ab 12:30 Uhr live im Internet verfolgen.

Für die Menschheit kämpft der amtierende Fischer-Schach-Weltmeister Peter Swidler gegen das Freeware-Programm Spike, das letztes Jahr die Computer-Weltmeisterschaft in dieser Schachvariante gewann. Im zweiten Match tritt der Aserbaidschaner Teimour Radjabow an, der nächstes Jahr ein Match um die Weltmeisterschaft im "traditionellen" Schach bestreiten wird. Die Silizium-Fraktion vertritt Rekord-Weltmeister Shredder.

Die Idee, die Grundstellung auszuwürfeln, stellte der ehemalige Weltmeister Bobby Fischer 1996 vor, um das exzessive Eröffnungsstudium zugunsten der Kreativität in den Hintergrund zu drängen. Mensch-Maschine-Partien im traditionellen Schach verlieren wegen der Überlegenheit der Computer langsam an Spannung. Dabei streiten sich die Experten, wieviel Schuld die Eröffnungsbücher der Programme daran tragen; immerhin enthalten sie mehrere Millionen Züge, die eine Software fehlerlos aufs Brett schmettert. Zwar kostet es nur einen Mausklick, diese Bibliotheken abzuschalten, aber um Chancengleichheit herzustellen, müsste auch dem Menschen das Eröffnungswissen lobotomiert werden. Genau das geschieht im Fischer-Schach, beide Seiten können nicht auf überkommenes Wissen zurückgreifen und müssen sich von Anfang an selbst im Variantendschungel zurechtfinden. Im vergangenen Jahr gelang das zumindest Swidler ganz gut, er konnte sein Match mit 1,5 zu 0,5 Punkten gewinnen. (Lars Bremer) / (jk)