Floppotron 3.0: Diskettenlaufwerk-Leierkasten spielt mit 512 Floppy Disk Drives

Der Bastler Paweł Zadrożniak hat auf sein Floppotron noch eins draufgesetzt: 512 Floppy Disks, 16 Festplatten und vier Flachbettscanner musizieren gemeinsam.

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(Bild: Paweł Zadrożniak (Screenshot))

Lesezeit: 4 Min.
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Der polnische Ingenieur Paweł Zadrożniak hat seinen Diskettenlaufwerk-Leierkasten Floppotron in Version 3.0 deutlich erweitert. Statt 64 3,5 Zoll Floppy Disc Drives (FDD) im Floppotron 2.0 intonieren nun 512 Laufwerke im Zusammenspiel mit 16 Festplatten (HDD) und vier Flachbettscannern bekannte Songs.

Sein "Computer-Hardware-Orchester", wie Zadrożniak seine Geräuschmaschine nennt, steht in einem eigenen "Studio"-Raum. In einem Artikel auf seinem Blog beschreibt der Tüftler den Aufbau und die grundsätzliche Funktion des Systems. Dabei macht sich Zadrożniak zunutze, dass die Diskettenlaufwerke, Festplatten und Flachbettscanner über die Schrittmotoren und beweglichen Teile wie etwa den Schreib-Leseköpfen der HDDs je nach Ansteuerung Geräusche in verschiedenen Frequenzen emittieren. Je nach Frequenz lässt sich ein solches Geräusch einer Musiknote zuordnen und – wie Zadrożniak schreibt – "missbrauchen".

Als Ausgangsdaten für die Songs benutzt der Bastler digitale Steuerinformationen im MIDI-Format. Die Ereignisinformationen sendet ein Computer über einen USB-MIDI-Adapter an ein Gateway, das auf einem nRF52-Mikrocontroller basiert. Das Gateway bildet dabei die Brücke zu den Gerätecontollern. Die digitalen Informationen werden dann so umgewandelt, dass die Motoren und die Mechanik die gewünschte Bewegung und damit den gewünschten Ton erzeugen – etwa durch geschickte Ansteuerung und Taktung der Schreib-Leseköpfe einer Festplatte. Je nach Geschwindigkeit der Schrittmotoren entstehen so unterschiedliche Tonhöhen, die von der Bewegungsgeschwindigkeit abhängen.

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Um beispielsweise einen Ton ausklingen zu lassen und einen natürlichen Klang zu erhalten, simuliert Zadrożniak eine Klanghüllkurve über mehrere gleichzeitig aktive Laufwerke, die den gleichen Ton abspielen. Der Ausklang des Tons erfolgt dadurch, dass er von weniger Laufwerken abgespielt wird, erklärt der Ingenieur. Damit lassen sich auch andere Klangeffekte erzielen.

Neben den 512 FDDs und 16 HDDs setzt der Tüftler zusätzlich Flachbettscanner ein, die höhere Töne abspielen können. Zum Einsatz kommen ausrangierte HP-Scanner. Der Controller bewegt den Scannerkopf mit unterschiedlicher Geschwindigkeit und wechselnder Richtung, um die gewünschten Töne zu erzeugen. LEDs am Scannerkopf signalisieren dabei, welches Gerät gerade einen Abschnitt des Musikstücks spielt. Detailverbesserungen im Vergleich zum Vorgängermodell des Floppotrons haben nun bessere Tonhöhen- und Modulationseffekte zufolge. Damit sei es möglich, "noch mehr verrückte Klänge" zu erzeugen.

Die HDDs nutzt Zadrożniak auch als Rhythmusinstrument. Dabei lässt er den Schreib-/Lesekopf weiter als normalerweise vorgesehen bis zum Anschlag fahren. Das ergibt dann je nach verwendetem Laufwerk ein bassiges "Klack" oder ein helleres "Klick". Entsprechend des Sounds hat Zadrożniak jedem der verwendeten 16 HDDs einen MIDI-Drum-Sound zugewiesen, der dem natürlichen Geräusch der jeweiligen HDD entspricht und so etwa ein Hi-Hat oder Snare imitieren kann.

Das Floppotron 3.0 benötigt einiges an Energie. Die Scanner und Festplatten geben sich dabei noch recht genügsam, 512 Floppys wollen aber mit genügend Strom versorgt werden. Etwa 32 von ihnen können bis zu 16 A aufnehmen, wenn sie alle gleichzeitig "spielen". Typischerweise liege die Auslastung aber nur bei 20 bis 30 Prozent, je nachdem, welche Musik gerade gespielt wird. Die in 16 Stacks zusammengefassten Diskettenlaufwerke kommen so auf theoretisch 1,28 kW. Zadrożniak hat etwa 1,15 kW gemessen, als er sie gleichzeitig hat brummen lassen.

Die Stromversorgung erfolge über 16 5 V/18 A Netzteile mit Übertemperatur und Kurzschlussschutz. Sie seien preiswert, kompakt und arbeiten wegen des fehlenden Lüfters leise – beeinträchtigen also den Musikgenuss nicht.

Das Floppotron 3.0 ist MIDI-kompatibel. Prinzipiell kann die Ansteuerung über beliebige MIDI-Software erfolgen. Dabei sind den einzelnen Geräten entsprechende Instrumente wie Drums, Gitarren oder Klavier zugeordnet. Die Scanner spielen die Lead-Spuren.

Die MIDI-Dateien passt Zadrożniak für das Floppotron dann noch nach Gehör an und arrangiert einen Song so um, dass er dem Original besser entspricht. Das kann zwischen drei und vier Abende dauern, sagt er. Das Floppotron 3.0 stelle noch nicht das Ende der Entwicklung dar. In Zukunft will er noch weitere "Instrumente" hinzufügen, etwa Nadeldrucker und auch das Aussehen soll mit einer automatischen Beleuchtung aufgewertet werden.

(olb)