Fon-Chef: "Mobilfunker sind Abzocker"

Martin Varsavsky will die Branche zu moderaten Preisen zwingen. Unterdessen bringt sein Unternehmen Fon weiter WLAN-Router unter die Leute. Ganz umsonst.

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Martin Varsavsky hat genug Geld. Der in Argentinien geborene Serienunternehmer hatte in Spanien bei zahlreichen Unternehmen die Finger im Spiel, darunter bei dem an T-Mobile verkauften Ya.com oder Jazznet. Sein neues Baby heißt "Fon". Die Firma will ein weltweites Netzwerk von "Foneros" etablieren. Das sind Menschen, die ihren eigenen Internetzugang mit anderen Foneros teilen wollen. Dafür bekommen sie von Varsavsky einen WLAN-Router mit spezieller Software. Gegen das Versprechen, ihren Anschluss zu teilen, gibt es den Router ganz umsonst. Denn Varsavsky geht es nicht nur ums Geld.

Gerne gibt sich der Unternehmer auch als Philanthrop. "Als wir Ende 2005 starteten, dachte ich, wir könnten Fon wie eine gemeinnützige Organisation aufbauen", sagte Varsavsky der Berliner Zeitung. Angesichts der Kosten für hunderttausende verschenkte Router war ihm aber schnell klar, das er ein Geschäftsmodell brauchte. Das sieht so aus: Foneros, die selbst ihren Anschluss teilen, können innerhalb der Familie das WLAN aller anderen gratis nutzen. Auch anderen Teilnehmern stehen die Netze offen, sie zahlen für die Nutzung drei Euro oder US-Dollar am Tag. Wer als Fonero auf die Gratisnutzung anderer Zugänge verzichtet, wird mit 50 Prozent an den über seinen Zugang erwirtschafteten Umsätzen beteiligt.

Doch offenbar ließ sich das Unternehmen von der in Deutschland besonders starken Nachfrage überraschen. Wegen akuter Nachschubprobleme sollte es den "La Fonera" getauften Router nur noch bis vergangenen Freitag gratis geben, danach sollte er 29 Euro kosten. Jetzt wurde die Aktion nochmals bis Mittwoch, 8. November, verlängert.

Das kostet. Über das Risiko, dass die Besteller des Routers ihren Anschluss dann doch nicht teilen wollen, ist sich der Fon-Boss bewusst. Doch langfristig will Varsavsky die Investition mit einem großen Netzwerk und seine Nutzern auch wieder reinholen. 125.000 Foneros soll es weltweit geben, 30.000 davon teilen bereits ihren Anschluss. "Bis 2008 sind eine Million dieser so genannten Hotspots weltweit realistisch", findet der Unternehmer. "Ab 500.000 Sendern erreichen wir übrigens die Gewinnschwelle". In Deutschland gibt es 21.000 Mitglieder. Bald will Varsavsky über 14.000 Hotspots in Deutschland betreiben und damit mehr als die Telekom, wie er sagt.

Er glaubt an sein Geschäftsmodell: "Das ist immer noch preiswert im Vergleich zu der Abzocke, die bei den Mobilfunkfirmen stattfindet". Das Tagesentgelt von drei Euro ist tatsächlich deutlich günstiger als die hohen Gebühren, die große Betreiber wie die Telekom für Hotspot-Zugänge berechnen. Für drei Euro gibt es am Telekom-Hotspot gerade mal 25 Minuten. Eine Tagespass kostet hier 18 Euro, für 9,99 Euro monatlich gibt es eine Tarifoption für 180 Minuten mobilen Surfspaß. Die hohen Gebühren dienen auch dem Schutz des Kerngeschäfts. Die Telekom-Hotspots werden unter der Schirmherrschaft von T-Mobile betrieben. Zu billige mobile Datenzugänge sind nicht im Interesse des Mobilfunkers.

Auch hier sieht Varsavsky seine Chance. Billige Telefonate über VoIP sind mit zunehmender Verbreitung von WLAN-Zugängen und mehr WLAN-fähigen Mobilgeräte auch unterwegs möglich. Er setzt auf die zunehmende Verbreitung funkfähiger Endgeräte. "Die Kombination aus vielen Endgeräten und Fon-Hotspots – das wird die mobile Kommunikation verändern." Ganz verdrängen wird Fon den Mobilfunk nicht, das weiß auch Varsavsky. Aber er möchte die Anbieter zur Mäßigung drängen. "Die Mobilfunkfirmen nehmen die Kunden aus", findet der Fon-Chef, "damit wollen wir Schluss machen". Das, so findet der philanthropische Chef, sei "so etwas wie eine Revolution". (vbr)