Hinweise von Einfluss durch Handynutzung auf Spermienkonzentration

Forscher untersuchten, ob Handynutzung die Spermienqualität verringert. Laut Studienergebnisse ist weniger Smartphone-Nutzung mehr.

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Handy in der Tasche

(Bild: Paosun Rt/Shutterstock.com)

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Inhaltsverzeichnis

In den letzten fünfzig Jahren hat sich die Qualität der Spermien verschlechtert, wie verschiedene Studien gezeigt haben. Die Spermienzahl von durchschnittlich 99 Millionen Spermien pro Milliliter ist auf 47 Millionen gesunken – möglicherweise aufgrund von Umweltfaktoren wie Pestiziden und ungesunden Lebensgewohnheiten. Die Rolle von Mobiltelefonen ist jedoch noch unklar. Deshalb hat ein Forscherteam von der Universität Genf (UniGe) in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Tropen- und Public-Health-Institut (Swiss TPH) den Einfluss der elektromagnetischen Strahlung von Mobiltelefonen untersucht.

In einer groß angelegten, 2005 gestarteten, Querschnittsstudie wurden 2886 Schweizer im Alter von 18 bis 22 Jahren befragt, die nichts über ihren Fertilitätsstatus wussten. Diese wurden im Zuge ihrer militärischen Rekrutierung zur Teilnahme an der Studie eingeladen – unabhängig davon, ob sie für militärdiensttauglich erklärt worden waren oder nicht.

Die Teilnehmer wurden angewiesen, einen Fragebogen über ihre Lebensgewohnheiten, ihren allgemeinen Gesundheitszustand und vor allem über die Häufigkeit ihrer Handynutzung auszufüllen. So wurden sie in fünf Gruppen, je nach Handynutzung, unterteilt (nicht mehr als einmal pro Woche, 1–5 Mal pro Tag, 5–10 Mal pro Tag, 10–20 Mal pro Tag und mehr als 20 Mal pro Tag).

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die häufige Nutzung von Mobiltelefonen mit einer geringeren Spermienkonzentration einhergeht. Die durchschnittliche Spermienkonzentration war in der Gruppe der Männer, die nicht mehr als einmal pro Woche telefonierten, mit 56,5 Millionen Spermien pro Milliliter signifikant höher ist als in der Gruppe der Männer, die mehr als 20 Mal pro Tag telefonierten (44,5 Millionen/ml), das entspricht einer Abnahme um 21 Prozent bei den Vielnutzern.

Der beobachtete Zusammenhang zwischen Spermienkonzentration und Handynutzung war zwischen 2002 und 2007 besonders ausgeprägt und wurde allmählich schwächer. Dieser umgekehrte Zusammenhang war im ersten Untersuchungszeitraum (2005–2007) stärker ausgeprägt und nahm im Laufe der Zeit allmählich ab (2008–2011 und 2012–2018) allmählich ab. "Dieser Trend entspricht dem Übergang von 2G auf 3G, und später von 3G auf 4G, was zur Reduktion der Sendeleistung der Telefone geführt hat", sagt Professor Martin Röösli von der Swiss TPH laut einer Mitteilung der UniGe.

"Frühere Studien, die den Zusammenhang zwischen der Nutzung von Mobiltelefonen und der Spermienqualität untersuchten, wurden an relativ wenigen Personen durchgeführt", sagt Rita Rahban, leitende Forscherin und Lehrassistentin in der Abteilung für Genetische Medizin und Entwicklung an der Medizinischen Fakultät der UniGe und am Swiss Centre for Applied Human Toxicology (SCAHT), Erstautorin und Ko-Leiterin der Studie. Da die Teilnehmer meist in Fruchtbarkeitskliniken rekrutiert wurden, seien selten Informationen über den Lebensstil berücksichtigt worden.

Die Männer, die häufiger telefonierten, wogen durchschnittlich 1,8 kg mehr als diejenigen, die ihr Handy selten nutzten. In der Gruppe der "Wenignutzer" war auch ein höherer Anteil an Männern, die nach eigenen Angaben bei ausgezeichneter oder guter Gesundheit waren, weniger Medikamente einnahmen und ein höheres Bildungsniveau aufwiesen. Ein höherer Anteil der "Vielnutzer" konsumierte viele Zigaretten und Alkohol.

Die Forscher fanden jedoch keinen Zusammenhang zwischen der Nutzung von Mobiltelefonen und einer geringeren Beweglichkeit und der Morphologie, dem Aussehen und der Größe der Spermien. Als Referenz wurden die Werte der Weltgesundheitsorganisation (WHO) verwendet, die Kritiker allerdings für zu gering einschätzen. Die Häufigkeit der Smartphone-Nutzung wurde über verschiedene Zeiträume untersucht. Ebenfalls irrelevant war, wo die Männer ihr Handy bei Nichtgebrauch aufbewahren.

Insgesamt 223 Männer nutzten ihr Handy weniger als einmal die Woche – ein im Vergleich zu den anderen Gruppen geringer Anteil. Zwar gaben die Forscher an, Störvariablen wie Body-Mass-Index, Rauchen und Alkoholkonsum zu kontrollieren, allerdings könnte es sein, dass die Probanden beim Ausfüllen des Fragebogens beispielsweise ihre tatsächliche Handynutzung nicht richtig eingetragen haben.

Ebenso wurde die Art der Smartphone-Nutzung nicht näher untersucht. Weitere Daten wie Generation des Mobiltelefons, auf dem Smartphone installierte Apps, Netzwerkqualität, Entfernung zu Basisstationen, Verwendung von Kopfhörern und Schutzhüllen wurden ebenfalls nicht erfasst. Zudem liefert die Studie keine eindeutigen Beweise für einen Zusammenhang zwischen der Nutzung von Mobiltelefonen und der direkten Fruchtbarkeit – denkbar sei, dass die von den Geräten abgegebene Wärme zu einem Temperaturanstieg in den Hoden führt. Da die Mobiltelefonnutzung in den letzten zehn Jahren sehr angestiegen ist, wollen die Forscher weitere Beobachtungsstudien durchführen.

In einer weiteren vom Schweizer Bundesamt für Umwelt finanzierte Studie der UniGe, die 2023 gestartet ist, will das Forscherteam die Auswirkungen der Handynutzung auf die Spermienqualität weiter untersuchen. Diesmal soll verstärkt darauf geachtet werden, wie das Handy genutzt wird, ob zum Surfen im Internet oder zum Telefonieren, Navigieren, Versenden von Nachrichten oder ähnlichem. Um den Effekt auf die Fortpflanzungsfähigkeit beurteilen zu können, werden die Daten über eine App gesammelt, die auf dem Smartphone installiert werden muss.

Update

Zweiten Absatz klarer formuliert.

(mack)