Fortran: 50 Jahre go to

Heute vor 50 Jahren startete der IBM-Ingenieur Harlan Herrick das erste Fortran-Programm.

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Von
  • Detlef Borchers

Heute vor 50 Jahren startete der IBM-Ingenieur Harlan Herrick das erste Fortran-Programm. Zu diesem Zeitpunkt war Fortran, die erste Programmier-Hochsprache, die mit einem Compiler arbeitete, freilich noch ein "Project in Work", wie Projektleiter John Backus in dem ersten Fortran-Papier "Preliminary Report, Specifications for the IBM Mathematical FORmula TRANslating System, FORTRAN" beschrieb. In diesem Paper mutmaßte Backus, dass man spätestens in sechs Monaten den Compiler für die IBM 704 fertigstellen würde. Seine Sechs-Monats-Prognose wurde zum geflügelten Wort bei IBM, bis im April 1957 tatsächlich das erste Fortran fertig war. Die Sprache wurde mit jedem IBM 704 ausgeliefert, komplett mit einem 51 Seiten starken Handbuch. Fortran wurde ein Erfolg, weil es die damals verbreitete Ansicht wiederlegte, dass kompilierte Programme langsamer als handgestrickte Programme sind. Das Versprechen von Backus, dass Fortran-Programme zu 90 Prozent genauso gut wie "handcodierte" Programme sein werden, erfüllte sich. Der Autobauer General Motors berechnete, dass die Produktivität seiner Programmierer mit Fortran um den Faktor 10 wuchs. Innerhalb von 18 Monaten stiegen 60 IBM 704-Installationen auf Fortran um.

Der Ursprung von Fortran liegt in einem Memorandum, das John Backus, Programmierer am Selective Sequence Electronic Calculator (IBM 701), dem Nachfolger des Mark I, 1953 an seinen Vorgesetzten Cuthbert Hurd schickte. "Wir müssen einen Weg finden, dass besser und schneller programmiert werden kann." Backus betonte, dass eine 701 durchschnittlich 30 Programmierer beschäftige und dies für viele Firmen teurer sei als die Hardware -- die Miete der IBM 701 betrug damals 15.000 Dollar im Monat. Mit einer Programmiersprache, die teure Programmierer ersetze, könne IBM andere Kundenschichten als das Militär und die Rüstungsfirmen ansprechen. Hurd gab grünes Licht und stellte für Backus' Projekt einige der besten Programmierer ab. Neben dem bereits erwähnten Harlan Herrick, der die später heftig kritisierte GOTO-Anweisung für Fortran erfand, kam Ray Nutt ins Team, der später die Fully Automated Compiling Technique (FACT) und den Assembler FAP entwickelte. Weitere Team-Mitglieder beschreibt Steve Lohr in seinem Buch Go To, dessen Fortran-Kapitel hier gelesen werden kann.

Der Vorstoß von John Backus hatte auch ökonomischen Erfolg. Mit Fortran und den 704-Rechnern konnte IBM neue Kunden gewinnen. Der erste Kunde außerhalb der Rüstungstechnik war der Herbizid-Hersteller Monsanto. 1958 war Fortran der Star im ersten IBM-Lehrfilm über das Programmieren. In ihm wurde gezeigt, wie man den Zinswert der 24 Dollar berechnet, die die Indianer im Jahre 1627 für die Insel Manhattan erhielten (Beispiel von 1989). Im Unterschied zu vielen Programmiersprachen, die längst in die Geschichte eingegangen sind, ist Fortran auch heute noch im Einsatz. (Detlef Borchers) / (jk)