Fotos & mehr: Material zum Matrosenaufstand von 1918 gesucht

Erst ein Aufstand in Kiel, dann die Revolution: 1918 leitete das Aufbegehren von Matrosen das Ende des Kaiserreichs und des Ersten Weltkriegs ein. Zum 100. Jahrestag sollen ein Film und eine Ausstellung daran erinnern. Dafür suchen die Macher Exponate.

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Fotos & mehr: Material zum Matrosenaufstand von 1918 wird gesucht

Lange dachte man, dass dieses Bild vom Kieler Matrosenaufstand 1918 stammt. Tatsächlich wurde es aber in Berlin aufgenommen

(Bild: c't Fotografie-Meldung)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • dpa

Sie hatten den Krieg satt, wollten ein besseres Leben und andere politische Verhältnisse: Mit einem Aufstand in Kiel leiteten deutsche Matrosen Anfang November 1918 eine revolutionäre Bewegung ein, die zum Sturz des Kaiserreichs und zum Ende des Ersten Weltkriegs führte. Zum 100. Jahrestag dieses Schlüsselereignisses in der deutschen Geschichte wollen Historiker und Filmemacher Erinnerungsstücke aus dem gesamten Bundesgebiet zusammentragen. ie starteten dazu am Mittwoch einen Aufruf (Anm.: Kontaktdaten am Ende der Meldung)

Die Initiatoren suchen Exponate wie Fotos oder Postkarten, die persönliche Eindrücke von dem Matrosenaufstand wiedergeben. Im Internet ersteigerten sie schon einige historische Postkarten.

Die Quellenlage sei ungeheuer schwierig, sagte Museumsleiterin Doris Tillmann. Es fehlten besonders Belege dafür, wie die Revolution von Kiel ins ganze Reich getragen wurde. Von den Kieler Ereignissen gebe es fast keine authentischen Fotodokumente, berichtete der Leiter des Stadtarchivs, Johannes Rosenplänter. Ein Pressefotograf war offenkundig nicht anwesend; die Pressefotografie steckte ohnehin noch in den Kinderschuhen.

Wie unklar die Lage ist, zeigt auch, dass Anfang 2015 bekannt wurde, dass das bekannteste Foto, mit dem seit fast 100 Jahren der Kieler Matrosenaufstand von 1918 illustriert wurde, in Wirklichkeit in Berlin entstand. Die Aufnahme dokumentiere nicht die revolutionären Ereignisse an der Förde, sondern einen Demonstrationszug, der damals in Berlin von Tempelhof nach Friedrichshain führte.

Der historische Rang des Matrosenaufstandes – Meuterei oder revolutionäres Ereignis – war lange umstritten. Der Freiburger Historiker Jörn Leonhard spricht von einem Fanal für einen Prozess, der in atemberaubendem Tempo in die Revolution mündete. «Das war ein entscheidender Moment im Übergang vom Krieg zum Frieden und zu einem Systemwechsel», sagte er. Es sei nicht nur um Beschwernisse von Matrosen gegangen, sondern auch um soziale und politische Forderungen. Der Aufstand habe zudem gezeigt, wie ausgehöhlt die Legitimation des Kaiserreichs Ende 1918 war.

Zugleich habe sich eine tiefe Entfremdung zwischen einfachen Matrosen und privilegierten Offizieren offenbart, sagte Leonhard. "Die Matrosen konnten zwar nicht wissen, dass im Zuge ihres Aufstandes die Novemberrevolution ausbrechen wird." Aber die Ereignisse von Kiel hätten sehr viel mehr bedeutet als nur einen letzten Aufstand von Matrosen, die sich nicht mehr sinnlos für den Kaiser opfern wollten.

"Es bündelten sich in diesem Moment interne deutsche und systembedingte Konflikte, was den besonderen Stellenwert dieses Ereignisses ausmacht." Die Matrosen hätten ein starkes Bewusstsein dahingehend gehabt, dass ihr Handeln mit Systemfolgen verbunden war. Am 9. November wurde die Republik ausgerufen, zwei Tage später beendete die Unterzeichnung des Waffenstillstands den Weltkrieg.

  • Hinweise auf Exponate: Per Mail an matrosenaufstand AT kiel.de oder telefonisch unter +49 431 9013983

(keh)