Fragmente von interstellarem Meteorit entdeckt? – Wachsende Kritik an Expedition

Ein einst angesehener Wissenschaftler behauptet, Fragmente eines interstellaren Meteoriten oder gar Raumschiffs gefunden zu haben. Daran gibt es breite Kritik.

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(Bild: Marko Aliaksandr/Shutterstock.com)

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Auch Wochen nach dem Ende einer Expedition zur Suche von Überresten eines interstellaren Meteoriten reißt die Kritik an dem verantwortlichen US-Forscher nicht ab. Der Harvard-Professor Avi Loeb behauptet weiterhin, dass es sich bei dutzenden Kügelchen, die dabei entdeckt wurden, um Bruchstücke handeln könnte. Es sei aber schlichtweg unmöglich, derartig kleine Fragmente einem bestimmten Meteoriteneinschlag zuzuordnen, zitiert das US-Magazin Space den britischen Planetenwissenschaftler Matthew Genge. Zudem weist der Astronom Peter Brown noch darauf hin, dass ein Meteorit, der mit der behaupteten Geschwindigkeit auf die Erdatmosphäre getroffen wäre, in viel kleinere Stück zerfallen wäre, als die von Loeb gefundenen.

Man habe noch nie einen Meteoriten gefunden, der mit mehr als 28 km/s (100.800 km/h) auf die Erde getroffen wäre, zitiert Space.com Brown. Loeb behauptet aber, dass der interstellare Meteorit sogar mit mehr als 200.000 km/h auf die Erde getroffen ist. Erst diese Geschwindigkeitsangabe auf Basis von lange nicht verfügbaren Messdaten war für ihn der entscheidende Beweis dafür, dass das Objekt tatsächlich von außerhalb des Sonnensystems stammte. An dem Wert selbst gibt es inzwischen aber auch Zweifel und damit an der wohl wichtigsten Grundlage der inzwischen abgeschlossenen Expedition vor der Küste Papua-Neuguineas.

Brown ist Mitverfasser eines wissenschaftlichen Artikels, laut dem die ursprüngliche Beobachtung des Objekts auch auf ein deutlich langsameres Objekt passen würde. Gleichzeitig seien bestimmte Phänomene aber nicht beobachtet worden, die ein derart schneller Meteorit ausgelöst hätte. Loebs Behauptungen zur Geschwindigkeit und Flugbahn des Meteoriten seien angesichts der gesammelten Daten "fast unmöglich", außer das Objekt wäre sehr "seltsam geformt" gewesen. Insgesamt seien Loebs Annahmen nur sehr schwer miteinander in Einklang zu bringen. Brown weist darauf hin, dass die Messdaten zu dem 2014 eingeschlagenen Meteoriten von Sensoren mit einer großen Fehlerbreite stammen. Das erklärt die unterschiedlichen Interpretationen.

Das Objekt mit der Bezeichnung CNEOS 2014-01-08 war 2014 auf die Erde gestürzt. Erst Jahre später war der Einschlag in einer Meteoriten-Datenbank der NASA entdeckt worden, wichtige Daten blieben aber unzugänglich. Aufgezeichnet wurden sie von Sensoren des US-Militärs, die der Suche nach Nukleardetonationen dienen. Als das US-Militär die vor einem Jahr freigegeben hat, waren sie als Bestätigung für eine interstellare Herkunft des Objekts gewertet worden. Dem widerspricht Brown jetzt und weist auf die Ungenauigkeit der Instrumente hin. Loeb hatte da schon seine Expedition organisiert und auf dem Boden des Pazifik nach Fragmenten des Himmelskörpers gesucht, gefunden hat er dutzende winzige Kügelchen.

Die Kritik an Loeb bezieht sich damit noch nicht einmal auf die am weitesten hergeholten Behauptungen des Professors. Immer wieder bringt der ins Spiel, dass es sich nicht um ein natürliches Objekt gehandelt haben könnte, sondern ein extraterrestrisches Gerät. Dafür legt er keinen Beleg vor, in der Wissenschaft werden seine Aussagen auch nicht ernst genommen. In Papua-Neuguinea sind derweil Vorwürfe laut geworden, dass Loebs Expedition überhaupt keine Genehmigung für die Ent- und Mitnahme von Objekten aus den Gewässern hatte. Die australische Rundfunkanstalt ABC hat berichtet, dass das Team mehrere Anträge gestellt hatte, keiner sei genehmigt worden. Die Frage, warum das nicht abgewartet wurde, wollte der Expeditionsleiter demnach nicht beantworten.

(mho)