Frankreich: Zündung der zweiten Websperren-Stufe?

Die französische Nationalversammlung wird ab Mittwoch über einen Gesetzentwurf beraten, der eine Neuregelung von Glücksspielaktivitäten im Internet vorsieht. Eine Kontrollbehörde soll danach ohne richterlichen Beschluss entscheiden können, welche Angebote unzulässig sind und für Nutzer gesperrt werden.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Die französische Nationalversammlung wird ab Mittwoch über einen Gesetzentwurf beraten, der eine Neuregelung von Glücksspielaktivitäten im Internet vorsieht. Neben einem Aufbrechen des Monopols der Lotto-Gesellschaft La Française des Jeux (FdJ) durch Vergabe von Lizenzen an staatlich kontrollierte Anbieter von Sport- und Pferdewetten sowie Pokerspiel-Betreiber sieht der Gesetzentwurf laut der Bürgerrechtsorganisation La Quadrature du Net auch vor, dass der Zugriff auf nicht-legitimierte Angebote künftig per DNS-Blockade verhindert wird.

Wie La Quadrature du Net am heutigen Montag berichtet , soll die neu geschaffene Kontrollbehörde ARJEL (Autorité de Régulation des Jeux En Ligne) ohne richterlichen Beschluss darüber entscheiden können, welche Glücksspielseiten gesperrt werden und welche zulässig sind. Ähnlich war auch die Ausgangslage beim umstrittenen "Gesetz zur Verbreitung und zum Schutz kreativer Inhalte im Internet", das harte Strafen für französische Filesharer bis hin zu einer mehrmonatigen Sperrung des Internetzugangs vorsieht und gegen das die Sozialistische Partei (PS) Frankreichs gerade erneut Verfassungsbeschwerde eingereicht hat.

Auch hier sollte zunächst eine Behörde (Haute autorité pour la diffusion des oeuvres et la protection des droits sur internet, Hadopi) selbst darüber befinden dürfen, gegen wen und welche Strafen verhängt werden. Das Französische Verfassungsgericht urteilte jedoch , dass es Aufgabe von Richtern und nicht der Hadopi sei, darüber zu entscheiden, ob Verstöße so gravierend sind, dass sie Freiheitsbeschränkungen in Form von Internet-Zugangssperren rechtfertigen. Das festgeschriebene Recht auf Informationsfreiheit schließe heute auch den freien Zugang zu Online-Diensten ein, erklärten die Verfassungsräte damals.

In der Ende September vom Parlament verabschiedeten neuen Version des französischen Filesharing-Gesetzes wurde denn auch festgelegt, dass nur ein Gericht über das Kappen des Internetzugangs und weitere Strafen entscheiden dürfe - dies allerdings in Schnellverfahren und lediglich auf Grundlage von geloggten IP-Adressen. Der Sprecher von La Quadrature du Net, Jérémie Zimmermann, befürchtet nun, dass die Regierung in Paris das Glücksspielgesetz zum Anlass nimmt, eine Kontroll- und Sperrinfrastruktur auf Basis von Filtersystemen zu etablieren, die später auch auf andere Gebiete ausgeweitet werden könnte. (pmz)