Free Software Foundation gegen Bushs EU-Diplomaten

Anhänger freier Software protestieren gegen die geplante Ernennung von Boyden Gray zum EU-Botschafter der USA, weil er Lobbying für Microsoft im US-Kartellprozess betrieben hat.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 152 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.

Anhänger freier Software protestieren gegen die geplante Ernennung von Boyden Gray zum EU-Botschafter der USA, weil der Anwalt Lobbying für Microsoft im US-Kartellprozess gemacht hat. Sie fürchten vor allem, dass Gray in der Brüsseler Wettbewerbsprüfung der Geschäftspraktiken des Softwaregiganten erneut Partei beziehen könnte. "Dass die US-Kartellrechtsbehörden sich nicht als fähig erwiesen, ihre Aufgabe zu erfüllen, hat uns Sorge bereitet", erklärt der Präsident der Free Software Foundation Europe (FSFE), Georg Greve. Dass Microsoft die US-Regierung aber auch anscheinend in einem solchen Ausmaß kontrolliert, "dass sie ihren Anti-Kartellrechtssöldner als US-Vertreter in die Europäische Union ernannt bekommen, ist ein klares Zeichen, wer wirklich die politische Macht innehat".

US-Präsident George Bush hatte den konservativen Lobbyexperten Gray Ende Juli für den Diplomatenposten in Brüssel nominiert. Seine Entsendung muss noch vom US-Senat bestätigt werden. Gray gehört als Partner der Kanzlei Wilmer, Cutler, Pickering, Hale and Dorr in Washington an. Der Co-Vorsitzende der Lobbyvereinigung Citizens for a Sound Economy, die sich eigentlich für den freien Markt und Steuersenkungen einsetzten will, stand während des jahrelangen Kartellverfahrens gegen Microsoft in den USA auf der Gehalts- beziehungsweise Spendenliste der Redmonder. In Briefen an US-Staatsanwälte lobte er den Monopolisten als erfolgreich aufgrund "seiner Ideen und seiner wertvollen Produkte in Kombination mit einem cleveren Marketing und einer aggressiven Verkaufsstrategie". In einer Eingabe an die US-Justiz warnte er zudem vor einer Zerschlagung Microsofts, weil damit "Wachstum, Innovation und Wettbewerb in der Technologie-Industrie zerstört" würden.

"Die Microsoft-Prozesse in den Vereinigten Staaten und in Europa waren beide historisch", befindet Greve nun. Ersterer allerdings, weil er scheiterte, während sich die politischen Institutionen in der EU bislang weniger anfällig für Lobbying im Stile Grays erwiesen hätten. "Wir können die EU-Kommission nur ermutigen, ihrem Kurs treu zu bleiben und die Interessen US-amerikanischer Firmen nicht über die der europäischen Verbraucher und Wirtschaft zu stellen", so der FSFE-Chef weiter. Für ihn gebe es keinen Zweifel daran, dass das Einlenken der US-Wettbewerbshüter auf die Arbeit von Lobbyisten wie Gray zurückgehe. (Stefan Krempl) / (anw)