Free-Software-Vordenker verteidigt GPL-Änderungspläne

Richard Stallman hat sich auf der FOSDEM zu den umstrittenen Teilen des Entwurfs für Version 3 der GNU General Public License geäußert, zu denen Klauseln gegen DRM-Systeme und Softwarepatente gehören.

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Richard Stallman hat auf dem Free and Open Source Software Developers' European Meeting (FOSDEM) in Brüssel am gestrigen Samstag seine Beweggründe für die nicht ganz unumstrittenen Erweiterungsvorschläge im Entwurf zur Version 3 der GNU General Public License (GPL) näher erläutert. Generell hält der Gründer der Free Software Foundation (FSF) die ins Spiel gebrachten Änderungen für "punktuell". Insbesondere auf die Vielzahl von Lizenzen aus dem Open-Source-Bereich sowie auf die Verbreitung von Systemen zum digitalen Rechtekontrollmanagement (DRM) habe man aber reagieren müssen.

Der GPL-Hauptautor verwies auf die immer unverfroreneren Bemühungen von IT-Konzernen, "uns den Computer wegzunehmen". Nicht nur Firmen wie Microsoft, Disney, Sony und Intel würden mit dem neuen Kopierschutz AACS versuchen, das "digitale Restriktionsmanagement der Zukunft" unter die Leute zu bringen. Insgesamt würden Rechner verstärkt so konzipiert, "dass es hart wird für die Nutzer, sie zu kontrollieren oder sie zu modifizieren".

Beide Rechte wollte Stallman mit Hilfe der GPL von Anfang an sichern. Die GPLv3 soll es seinem Ansinnen nach daher "unmöglich machen, freie Software zu korrumpieren". Viele DRM-Befürworter seien nämlich dazu übergegangen, den Quellcode ihrer Programme offen zu legen und für Modifikationen freizugeben. Doch könne man damit letztlich nichts anfangen, da nur die von den offiziellen Software-Ausrüstern gut geheißenen, kryptographisch signierten und unveränderten Programme auf den kastrierten Rechnern liefen. Dieser Praxis will Stallman einen Riegel vorschieben, indem DRM-Anbieter verpflichtet werden sollen, die fürs Signieren ihrer Programme erforderlichen Schlüssel mitzuliefern. So könnten Entwickler sicherstellen, dass eigenhändig veränderte Versionen der betroffenen Software "zumindest auf der eigenen Maschine laufen". Limits für die technische Entwicklung von DRM selbst führe die GPLv3 auf diesem Wege nicht ein. Gleichzeitig "greift sie aber die Punkte an, die DRM böse machen". Das beziehe sich vor allem auf alle Bemühungen, die Computerprogramme der Kontrolle durch die Nutzer zu entreißen suchen.

Die bisherigen Schutzvorkehrungen in der GPL gegen die von Stallman gefürchteten Softwarepatente bezeichnete der Freiheitskämpfer ebenfalls als unzureichend. Daher erfordere die neue Version nun eine Erklärung von Distributoren, dass sie alle von ihnen gehaltenen Patente, über deren Existenz sie sich im Klaren sind, nicht für Klagen gegen Nutzer und Kunden einsetzen. Zudem solle die GPLv3 mit Lizenzen für kompatibel erklärt werden, die schärfere Klauseln zur Abwehr von Softwarepatenten enthalten. Diese dürften sich aber nur auf "Angreifer" beziehen und folglich nur den Ausschluss von Lizenznehmern vorsehen, die auf der Basis ihrer Monopolansprüche andere Marktteilnehmer verklagen. Wer Patente defensiv erst zur eigenen Verteidigung einsetzt, dürfe nicht mit derartigen Strafmaßnahmen rechnen müssen.

Stallman musste sich in Brüssel Kritik von Entwicklern gefallen lassen, dass der Entwurf für die GPLv3 nicht mehr so einfach zu handhaben und recht komplex geraten sei. Dem Vorwurf begegnete er mit dem Hinweis, dass die neue Version zwar länger, "aber nicht schwerer zu verstehen ist". Vielmehr verdeutliche sie viele der Punkte, "die wir bei der GPL immer wieder erklären mussten". Mit einer ersten überarbeiteten Variante rechnet Stallman nach der Auswertung der bisherigen Kommentare im Mai oder Juni. Stehen soll die Lizenznovelle, die gerade wegen ihrer scharfen Anti-DRM-Klausel unter anderem von Linux-Vater Linus Torvalds skeptisch beäugt wird, im Spätherbst oder Anfang nächsten Jahres. Zuvor führt die FSF am 21. und 22. April noch die zweite internationale Konferenz zur GPLv3 im brasilianischen Porto Alegre durch. (Stefan Krempl) / (gr)