Fritz führt im Schachduell Weltmeister gegen Maschine

Das Halbzeitergebnis beim Schachkampf Mensch gegen Maschine spiegelt den Match-Verlauf nur höchst unvollkommen wider, denn Kramnik übersah in der zweiten Partie ein einzügiges Matt.

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Von
  • Lars Bremer

Schach-Weltmeister Wladimir Kramnik hat noch drei Partien gegen das Schachprogramm Fritz vor sich.

Zur Halbzeit des auf sechs Partien angesetzten Schaukampfes zwischen dem Schachweltmeister Wladimir Kramnik und dem Computerprogramm Deep Fritz führt die Maschine 2 zu 1. Dieses Zwischenergebnis spiegelt den Match-Verlauf allerdings nur höchst unvollkommen wider, denn Kramnik übersah in der zweiten Partie ein einzügiges Matt.

Der Weltmeister hat das Original-Programm, das er vertragsgemäß bereits seit zwei Monaten auf seinem Rechner hat, mit seinen Sekundanten wochenlang auf Schwachpunkte abgeklopft und selbst Trainingspartien gespielt. Auch Shredder, dessen Programmierer bei der Vorbereitung hilft, ließ Kramnik gegen Fritz spielen, um aus Fritz' Niederlagen Schlüsse zu ziehen. In der ersten Partie, die oberflächlich betrachtet nicht spannender anzusehen war als Kontinentalverschiebung, brachte der Weltmeister Fritz in einer völlig ausgeglichenen und simpel scheinenden Stellung an den Rand einer Niederlage, fand dann aber den Gewinnplan nicht. Fritz konnte glücklich und ebenso ahnungslos wie die meisten Zuschauer ein Remis erreichen.

In der zweiten Runde ging Kramniks Spiel gegen die Schwächen des Computers noch besser auf. Sein Sekundant Stefan Meyer-Kahlen sagte nach ein paar Zügen voraus, Fritz werde bald einen unmotivierten Damenzug zum Königsflügel machen, weil er dazu neige, gelegentlich Angriffe zu inszenieren, wo es gar nichts anzugreifen gibt. So kam es schon zwei Züge später: Während Fritz dem Phantom eines Königsangriffs nachjagte, rollte Kramnik die Damenseite auf. Fritz' Phantom-Attacke löste sich alsbald in nichts auf und der Weltmeister hatte deutlichen Vorteil. Dann spielte er etwas, das eine Kombination werden sollte, um Figuren zu tauschen und ein leicht gewonnenes Endspiel zu erreichen, übersah am Ende aber eine Mattdrohung von Fritz. Matthias Feist, einer der Programmierer von Fritz, der das Programm bediente, sagte gegenüber heise online: "Da erschien plötzlich eine Dialogbox: 'Matt'! Ich dachte zuerst, ich habe etwas falsch eingegeben und habe ein paarmal aufs Brett geschaut und wieder auf den Monitor. Ich führte den Mattzug aus und Kramnik, der aufgestanden war und gerade gehen wollte, fasste sich an den Kopf." Dazu hatte er freilich auch allen Grund, denn er ist der erste Weltmeister der Schachgeschichte, der sich einzügig mattsetzen ließ.

Die dritte Partie war Fritz' beste Leistung im Match. Das Programm opferte einen Bauern, um den Aktionsradius seiner Figuren zu erhöhen und erreichte leichten Vorteil, den Kramnik jedoch neutralisieren konnte. Fritz habe sehr menschlich gespielt und starke Züge gefunden, sagte der Weltmeister nach der Partie.

Für die noch ausstehenden drei Partien des bisher sehr spannenden Schaukampfes gibt es unterschiedliche Prognosen. Mathias Wüllenweber, Geschäftsführer der Firma Chessbase, die Fritz vertreibt, sagte gegenüber heise online, jeder Ausgang sei noch möglich und alles hinge von den Eröffnungen ab. Ein kitzeliger Punkt, denn der Weltmeister darf während der Partie das Eröffnungsbuch des Programms einsehen. Großmeister Helmut Pfleger, der vor Ort die Partien für die Zuschauer kommentiert, legt sich dagegen fest: "Ich glaube, Fritz wird das Match gewinnen."

Die letzten Partien finden am Freitag, am Sonntag und am Dienstag statt und beginnen jeweils um 15 Uhr. Live-Übertragungen gibt es auf der Seite des Veranstalters und auf dem Online-Server von Chessbase. (Lars Bremer) / (jk)