Fujitsu: Ein offener und anpassungsfähiger Mainframe-Dino stirbt nicht aus
Einfach ablösen – so der schnelle Ruf beim Mainframe. Warum das oft gar nicht nötig ist, erklärt im Interview Fujitsu, nach IBM der zweitwichtigste Hersteller.
- Berthold Wesseler
Mainframes – das ist IBM, so die vorschnelle Assoziation. Doch auch Fujitsu als Nummer Zwei auf dem Markt muss sich denselben Herausforderungen stellen: In Konzernen und Behörden ist die digitale Transformation inzwischen ganz oben auf der Agenda angekommen. Und in vielen Fällen ist sie eine wahre Herkulesaufgabe, bei der ein tiefgreifender organisatorischer – und oftmals auch technischer – Wandel mit dem Ziel gestaltet werden muss, Daten künftig nahtlos und intelligent über alle Geschäftsprozesse hinweg nutzen zu können. Gehören Mainframes auf dem Weg in diese digitale Welt also endgültig zum „alten Eisen“ oder könnten sie vielleicht sogar eine Renaissance erleben? Dazu sprechen wir in der dritten Folge der iX-Interviews rund um den Mainframe mit Dieter Kasper, Chief Technology Officer, und Florian Holl, Head of Co-Creation Projects im Bereich Enterprise Platform Services von Fujitsu Technology Solutions.
Herr Kasper, aus welchen GrĂĽnden nutzen Unternehmen heute noch Mainframes?
Dieter Kasper: Unternehmen und Behörden schätzen vor allem die absolute Zuverlässigkeit und die hohe Leistungsfähigkeit des Mainframes. Das sind Stärken, die gerade in der heutigen Zeit besonders wichtig sind. Denn der Mainframe lässt mich auch dann ruhig schlafen, wenn immer mehr Teile meines Geschäfts digital abgewickelt werden und die Transaktionsvolumina, beispielsweise durch mehr Kreditkartenzahlungen oder Onlinebestellungen, sprunghaft ansteigen.
Außerdem rechnen Kunden heute mit spitzem Bleistift und wissen daher, dass sie sich diese Verlässlichkeit für ihr Geschäft zu einem guten Kosten-Nutzen-Verhältnis erkaufen. Wenn man nämlich alle Kostenfaktoren einbezieht, dann ist der Mainframe in vielen Fällen nach wie vor die wirtschaftlichste Lösung.
Eine Frage an Herrn Holl: Warum ist es nicht so einfach, den Mainframe abzulösen, etwa durch Re-Platforming oder Re-Hosting in der Cloud?
Florian Holl: Kunden scheuen sich meist davor, weil diese Transformation für sie ein Sprung ins Ungewisse ist, bei dem sie den Aufwand und die Risiken schwer einschätzen können. Oftmals handelt es sich bei Mainframe-Umgebungen um gewachsene Strukturen, die nicht immer vollständig dokumentiert sind.
Ein Beispiel dafür sind schlecht oder gar nicht beschriebene Schnittstellen zwischen den Applikationen – sowohl innerhalb des Mainframes als auch nach außen. Hinzu kommt, dass die Transition zur neuen Plattform einen Parallelbetrieb erfordert. Das ist eine Herausforderung, die oft aufwändiger ist als das eigentliche Re-Platforming oder Re-Hosting. Eine Herausforderung, die sich nur bewältigen lässt, wenn man über das Wissen und die Erfahrung aus beiden Welten verfügt –genau das ist in der Regel nicht der Fall.
Falls es dann zu einem anderen Zeitverhalten im Ablauf – und eventuell sogar zu Fehlern – kommt, steht man vor gewaltigen Problemen, die man für unternehmenskritische Anwendungen natürlich unter allen Umständen vermeiden will.