Fukushima: Regierung war vorgewarnt

Im Dezember hatte Expertenbericht vor den Folgen eines Tsunamis gewarnt. Reaktor 1 war vermutlich schon durch das Erdbeben schwer beschädigt worden

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Japans Regierung und AKW-Betreiber waren sich offensichtlich der konkreten Gefahren bewusst, die Atommeilern wie den havarierten Reaktoren von Fukushiama Daiichi von Erdbeben und damit verbundenen Tsunamis drohen. Das geht aus einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters hervor, die sich wiederum auf die japanische Zeitung Mainichi Shimbun beruft.

Demnach wurden am Sonntag Regierungsdokumente bekannt, aus denen hervorgeht, dass es bereits im Dezember ernste Warnungen gegeben hat. Im Auftrag des Wirtschaftsministeriums hatten Fachleute der Japanischen Organisation für Nukleare Sicherheit Analysen über die potenziellen Auswirkungen von Tsunamis erstellt und im Dezember 2010 veröffentlicht.

"Unsere Analyse", so zitiert die Nachrichtenagentur aus dem Expertenbericht, "zeigt, dass ein Tsunami mit einer bestimmten Höhe (sieben Meter ohne Schutzmauer und etwa 15 Meter mit) oder höher mit annähernd 100prozentiger Wahrscheinlichkeit den Reaktorkern beschädigen würde..." Und weiter: "Wir nehmen an, dass ein Tsunami von mindestens sieben Meter Höhe eine Sewasserpumpe zerstören und ein Tsunami von mindestens 15 Meter Höhe Einrichtungen außerhalb des Reaktorgebäudes wie etwa Transformatoren zerstören würde."

Die Regierung und Tepco hatten bis Sonntag wiederholt die Verbindung aus dem Erdbeben der Stärke neun und des 15 Meter hohen Tsunamis, der die direkt an der Küste stehenden Reaktoren traf, als nicht vorauszusehend bezeichnet. Fukushima Daiichi hatte nur eine Schutzmauer, die für einen sechs Meter hohen Tsunami ausgelegt war.

Tatsächlich scheint zumindest Reaktor 1 aber bereits durch das Beben erheblich beschädigt worden zu sein, wie einem Beitrag der englischsprachigen Ausgabe von Mainichi Shimbun, den The Mainichi Daily News, zu entnehmen ist.

Unter Berufung auf Tepco-Quellen schreibt die Zeitung, dass im Reaktorgebäude bereits vor dem Dampfablassen und den Wasserstoffexplosionen hohe Radioaktivitätswerte gemessen wurden. Arbeiter seien einige Stunden nach Beben und Tsunamis in das Gebäude gegangen, um Schäden zu kontrollieren, aber ihre Dosimeter hätten Alarm geschlagen. Das Gebäude sei mit hochradioaktivem Dampf gefüllt gewesen, so dass die Arbeiter es wieder verlassen mussten.

Der Reaktor wurde am 11. März um 14:46 Uhr Ortszeit aufgrund des Bebens abgeschaltet. Innerhalb einer Stunde sei er bei mindestens zwei Staffeln von Tsunamis getroffen worden. Die dadurch angerichteten Schäden haben schließlich die externe Stromversorgung und auch die Notstromaggregate ausfallen lassen, so dass ab 16:36 Uhr kein Wasser mehr in den Reaktordruckbehälter gepumpt werden konnte.

Einige Stunden später seien die Arbeiter in das Gebäude gegangen. Der radioaktive Dampf habe zu dieser Zeit noch keine Folge des Ausfalls der Notkühlung gewesen sein können. Denkbare Ursache sind aufgrund des Bebens beschädigte Wasserleitungen des Primärkühlkreislaufes.

Sollte sich dieses Szenario bewahrheiten, denn ist es um die Erdbebenfestigkeit japanischer AKWs schlechter bestellt, als von Regierung und Betreiber behauptet. Bisher wurde stets gesagt, die Erschütterungen hätten den havarierten Reaktoren nichts anhaben können. Die Schäden seien erst durch die Tsunamis entstanden. Nun sieht es ganz so aus, als habe Reaktor 1 in Folge des Erdbebens bereits geleckt, schon bevor der Tsunami eintraf.