GTA im Wilden Westen und in Little Italy
In "Red Dead Redemption" und "Mafia 2" huldigen Rockstar und Take 2 spielerisch den Filmwerken Sergio Leones und Martin Scorseses.
Die Gangster-Dramen von Grand Theft Auto wurden von vielen Herstellern kopiert, aber keiner erreichte den ironischen Witz und die erzählerische Klasse der Originale. Im kommenden Frühjahr verlegen die GTA-Erfinder von Rockstar Games das Spielkonzept in den Wilden Westen. Die Ästhetik von "Red Dead Redemption" (PS3, Xbox 360) erinnert an Spätwestern von Sergio Leone und Sam Peckinpah. Rockstar-Chef Dan Houser plant ein Epos, das sich vom Bürgerkrieg in Mexiko bis in die Bergwelten der Trapper während des Goldrauschs erstreckt. Der Outlaw John Marston tritt in typischer Clint-Eastwood-Manier auf. Als mexikanische Banditen eine Farm überfallen, kommt er der Familie zu Hilfe. Im Schusswechsel mit den bösen Schurken schaltet die Kamera in den Zeitlupenmodus. Im letzten Moment kann er die Farmersfrau noch vom Galgen losschneiden. Die toten Banditen fressen am Ende die Geier.
Wenn der Spieler mal gerade nicht einen Bank ausraubt oder im Saloon sein Geld verspielt, kann er die Weiten der Prärie auf dem Rücken seines Pferdes erkunden. Damit derlei Ausritte nicht langweilig werden, verspricht Rockstar Abwechslung durch Banditen, Postkustschen- und Eisenbahn-Überfälle sowie Kopfgeld-Jagden. Stilistisch konnten die kurz gezeigten Ausschnitte ihre cineastischen Qualitäten bereits unter Beweis stellen. Von der Geschichte und dem Spielelementen wurde noch nicht allzu viel verraten. Beides dürfte bei Dan Houser aber in guten Händen liegen.
Rockstars Haus-Publisher Take 2 hat derweil sein tschechisches Studio auf die Fortsetzung von Mafia angesetzt, die im kommenden Jahr nicht nur auf den HD-Konsolen, sondern auch auf dem PC erscheinen soll. Die Handlung erstreckt sich über 10 Jahre von Mitte der 40er- bis in die 50er-Jahre in den USA und könnte aus einem Mafia-Drama von Martin Scorsese stammen. Die Hauptfigur, der italienische Kleinmafiosi Vito Scaletta, tritt im Feinripp-Unterhemd und mit gegelten Haaren auf. Er ist gerade aus Europa nach Empire City gekommen und erledigt seine Geschäfte für Mafiaboss DeLuca. Zwischendurch prügelt er sich mit rüden Machos, wenn sie andere Frauen belästigen. Vor den patrouillierenden Schutzmännern muss er sich jedoch in Acht nehmen. Erwischen sie ihn ohne Lizenz mit gezogener Waffe, kann er sie bestechen oder versuchen, zu fliehen. Wo es in GTA immer zu Schusswechseln kommt, kann der Spieler in Mafia 2 auch an den Wachposten vorbeischleichen. Ebenso scheint der Diebstahl von Autos nicht so weit verbreitet zu sein wie in Liberty City. Denn der Spieler kann sein Gefährt mit stärkeren Motoren und anderen Tuning-Teilen ausrüsten, was beim stetigen Fahrzeugwechsel wenig Sinn ergeben würde.
Technisch erinnert vieles an Rockstars RAGE-Engine aus GTA, doch die Entwickler haben jede Zeile Code ihrer Illusion Engine selbst geschrieben. Besonders viel Liebe haben sie sich mit den detaillierten Innenräumen und den Häusertexturen gegeben, die die Stadt lebendig werden lassen. Auch die Mimik der Gesichter sieht lebhafter aus als in Rockstars Vorbild. Mafia 2 macht in seinem Genre spielerisch sicherlich keine revolutionären Schritte nach vorne. Aber all die kleinen Verbesserungen und die skurrilen Charaktere versprechen einen durchaus unterhaltsamen Ausflug nach Little Italy. (hag)