Galerist, Sammler, Märchenerzähler: Modefotograf F.C. Gundlach wird 90

Ob Romy Schneider, Cary Grant, Zarah Leander oder Hildegard Knef: Er hat sie alle vor seine Kamera bekommen. Am 16. Juli feiert der Modefotograf, Fotokunstsammler und Kurator F.C. Gundlach seinen 90. Geburtstag.

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Galerist, Sammler, Märchenerzähler: Der Modefotograf F.C. Gundlach wird 90

(Bild: dpa)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Andreas Th. Fischer
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Mit einer Agfa Box für fünf Mark hat alles angefangen, heute gilt er – nach einer langen Karriere als Modefotograf – als einer der wichtigsten Sammler und Förderer von Fotokunst. Am Samstag, den 16. Juli, wird F.C. Gundlach, der selbst nur noch ab und zu "zum Spaß" mit seinem iPhone fotografiert, neunzig Jahre alt.

Etwa vier Jahrzehnte lang hat er für große Magazine fotografiert und dabei Traumwelten inszeniert. Die wichtigsten Medien waren dabei die heute nicht mehr existierende Zeitschrift Film und Frau sowie die Brigitte, für die er rund 22 Jahre lang arbeitete. Dieses frühere "Blatt der Hausfrau” wurde von der Journalistin und Frauenrechtlerin Barbara von Treskow sowie von dem langjährigen Chefredakteur Peter Brasch geprägt. Brasch hatte es sich zum Ziel gesetzt, eine Zeitschrift für Frauen zu machen, die sie wirklich interessiert. Ein neues Layout mit mehr Freiraum und großformatige Fotos bestimmten damals das Magazin. Zu den Kernsätzen von Brasch gehörte laut Media Tribune: "Wir machen eine Zeitschrift für Frauen, wie sie sind, und nicht, wie einige von uns sie sich wünschen."

Eine der Säulen der Brigitte war damals F.C. Gundlach, der mit einem "opulenten Vertrag mit 300 Seiten im Jahr" ausgestattet worden war. Im Interview mit Neue Gegenwart sagte er, dass man seinerzeit mit der Brigitte ein neues Frauenbild für die Nachkriegsgeneration entwickelt habe. "Diese Zeit war zwar eine restaurative Periode, aber sie war nicht so traurig und nicht so miefig, wie sie immer hingestellt wird", so Gundlach. Filme und Fotos aus dieser Zeit seien geprägt von einer fast schon unterkühlten Erotik. Auch Sex sei drin gewesen, aber nicht so dominierend wie später in den 80er- und 90er-Jahren.

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Bevor Gundlach aber Modefotograf wurde, hat er Reportagen fotografiert. Das war einer der Gründe dafür, dass Bilder für ihn zum Wichtigsten in einem Heft gehörten. Er kam sich dabei selbst immer wieder wie ein Märchenerzähler vor, der von unerreichbaren Dingen erzählte, von denen viele Frauen früher nur träumen konnten. Mode sei heute dagegen für alle zugänglich. Gundlach versuchte in den 50er- und 60er-Jahren Bewegung in die nahezu erstarrte Modefotografie zu bringen und sie in einen Kontext zu setzen, also aus der Nische zu holen. Die meiste Zeit hat er für Redaktionen gearbeitet und nur relativ wenig für die Werbebranche. Sicher auch deswegen hat er Mode oft wie Reportagen fotografiert.

Der 1926 in Heinebach in Hessen geborene F.C. Gundlach begann sich bereits mit etwa zehn Jahren für Fotografie zu interessieren und hatte kurz darauf schon eine eigene Dunkelkammerausrüstung. Bald entstand daraus der Wunsch, Fotograf werden zu wollen. F.C. Gundlach gegenüber c’t Digitale Fotografie: "Die Fotografie eröffnete mir eine ganz neue Welt."

Später absolvierte er eine Ausbildung zum Fotografen in Kassel und arbeitete danach als freier Fotograf und Assistent der Modefotografin Ingeborg Hoppe. Ende der sechziger Jahre gründete er das erste professionelle Profilabor und Mietstudio für große Fotoproduktionen in Deutschland. Er beschäftigte sich auch bereits sehr früh mit der digitalen Fotografie. So kaufte er 1980 einen ersten Scanner, der eine Tonne gewogen haben soll und ihn rund 200.000 Mark kostete. Für das Gerät ließ er sogar eine eigene Software entwickeln.

Die Digitalisierung hat auch für F.C. Gundlach, der auch Henri Nannen-Preisträger ist, die Fotografie verändert. "Alles ist jetzt viel schnelllebiger und flüchtiger", so Gundlach. "Handabzüge sind langlebig, ein Datensatz existiert aber in 50 Jahren vielleicht nicht mehr." Abzüge ermöglichen seiner Ansicht nach „eine ganz andere Form der Auseinandersetzung“. Gundlach: "Man hält etwas in der Hand, man beschäftigt sich intensiver damit. Trotzdem haben beide Techniken ihre Vor- und Nachteile. Das jetzt zu werten, wäre falsch." Auch Retuschen habe es zwar schon immer gegeben, durch die um sich greifende Digitalisierung bestehe aber die Gefahr, dass "alles gleich" werde. In aktuellen Modeheften würden die Modelle wie die immer selben Schaufensterpuppen aussehen, sagte er der Zeitschrift Neue Gegenwart. Viel wichtiger war und ist für ihn, dass sie ihren individuellen Charakter behalten.

Gundlach veranstaltete bis 1993 mehr als 100 Fotoausstellungen mit Bildern namhafter Fotografen wie Richard Avedon, Horst P. Horst und Irving Penn. Seine eigenen Werke waren außerdem in Ausstellungen von Beirut über Rotterdam bis nach New York zu sehen. Eine Best-of-Auswahl seiner Bilder zeigt derzeit die Contemporary Fine Arts Gallery in Berlin unter dem Motto "90 Jahre 90 Fotos". Viele klassische Aufnahmen treffen dabei auf experimentelle Arbeiten: ein Porträt des Models Karin Mossberg, eine Propellermaschine hoch über den Wolken oder eine Kamelkarawane in der Wüste. Ergänzt werden sie durch Bilder aus der Zeit der Nachkriegs-Modefotografie und aus den Reportagen, die Gundlach fotografiert hat. Alle in Berlin gezeigten Bilder wurden von Gundlach selbst ausgewählt.

Bis heute ist es ihm wichtig, den fotografischen Nachwuchs zu unterstützen. So ist er seit 1988 Professor an der Hochschule der Künste in Berlin. Gundlach sieht sich auch immer noch als Lobbyist, der die Fotografie als Kulturgut fördern will. So gründete er 1993 den Arbeitskreis Photographie Hamburg und 2000 die Stiftung F.C. Gundlach. 1993 wurde er Gründungsdirektor des Hauses der Photographie in den Hamburger Deichtorhallen, das unter anderem seine umfangreiche Sammlung "Das Bild des Menschen in der Photographie" sowie die Bibliothek F.C. Gundlach mit etwa 7.500 Bänden als Dauerleihgaben beherbergt. (keh)