Gaskrise: Zwölf Unternehmen beanspruchen Gasumlage – Scholz und Habeck in Kanada

Mehrkosten wegen ausgebliebener Lieferungen haben 12 Unternehmen angemeldet. An Gas fehle es nicht, sondern an der Infrastruktur, sagt der Wirtschaftsminister.

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Gelbe Plaketten zeigen an Häusern Gasanschlüsse an.

(Bild: heise online / anw)

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Zwölf Unternehmen haben Ausgleichsansprüche für ihre Mehrkosten der Gasbeschaffung angemeldet. Das geht aus einer Mitteilung des Gas-Marktgebietsverantwortlichen Trading Hub Europe (THE) hervor, der für die Gasumlage zuständig ist. Unterdessen sind Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nach Kanada gereist, um dort die "Zusammenarbeit im Klima- und Energiebereich" zu vertiefen, wie es aus dem Bundeskanzleramt heißt.

Die zwölf Unternehmen haben dem THE Ansprüche von 34 Milliarden Euro gemeldet. Das sei zunächst eine Prognose, die durch weitere Meldungen und Werte konkretisiert werden soll, schreibt THE. Die Kosten der Gasumlage können sich auch dadurch noch ändern, dass Unternehmen weitere Kosten melden können. Vor einer Woche war bereits bekannt geworden, dass die Gasumlage, die von den Verbrauchern getragen wird, für drei Monate pro Kilowattstunde 2,419 Cent kosten soll.

Die zwölf Unternehmen sind AXPO Solutions, DXT Commodities, EWE Trading, ENET Energy, Gunvor Group, RWE Supply & Trading, OMV Gas Marketing & Trading Deutschland, SEFE Marketing & Trading, Uniper, Vitol, VNG Handel & Vertrieb und WIEH. Uniper hatte sich bereits unter den durch das vor Kurzem überarbeitete Energiesicherungsgesetz ermöglichten Schutzschirm gestellt, der Bund steigt mit 30 Prozent bei dem Gasimporteur ein. Mit der Gasumlage sollen Unternehmen die Mehrkosten bestreiten können, die ihnen durch Ersatzbeschaffung für ausgebliebene Lieferungen aus Russland entstanden sind.

Für die Bürger soll es ihren Einkünften und Vermögen entsprechend einen sozialen Ausgleich geben, der noch verhandelt wird, erklärte Habeck im ZDF-Morgenmagazin. Deutschland habe ausreichend Gas auf dem Weltmarkt eingekauft und werde weiter einkaufen, die nötigen Verträge seien vorige Woche unterschrieben worden. Nun fehle es noch an der Infrastruktur, insbesondere Flüssiggas-Terminals. Jetzt würden erst einmal provisorische Terminals gebaut, feste sollen folgen, sagte Habeck im kanadischen Montreal.

Deutschland habe sich mit seinen Gasspeichern einen Puffer geschaffen, müsse aber damit rechnen, dass Russland die Gaslieferungen weiter reduziert. Gemessen an den Verbräuchen des Vorjahres müsse noch mehr gespart werden, sagte Habeck. Ein Problem sei, dass die Gas-Exploration im kanadischen Westen stattfinde und die nötigen Terminals seien noch nicht im kanadischen Osten vorhanden. In der kanadischen Bevölkerung könnte sich allerdings Widerstand regen gegen neue Pipelines.

In den Gesprächen mit kanadischen Vertretern gehe es auch um die künftige Energieversorgung wie mit grünem Wasserstoff, aber die helfe in der jetzigen Situation einmal nicht weiter. "Wir müssen uns darauf einstellen, dass es in diesem Herbst und Winter schwierig wird", sagte Habeck. Perspektivisch habe Kanada in der Region Neufundland ideale Windbedingungen, Deutschland das technische Know-how, um mit CO₂-neutral erzeugtem Strom Wasserstoff herzustellen, und großen Bedarf.

Die nötigen 20 Prozent Gas sollen auch ab 1. September mit einer Verordnung eingespart werden. Beispielsweise sollen öffentliche Gebäude nicht mehr zu repräsentativen Zwecken angestrahlt werden, Schaufensterreklame in den Innenstädten soll zwischen 22 Uhr und 6 Uhr ausgeschaltet werden, Privatpersonen sollen ihre Heizungen optimieren, erläuterte Habeck im ZDF.

(anw)