Gastronomieverband: Sorge über Polizei-Zugriff auf Corona-Gästedaten
Der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga fürchtet um die Akzeptanz der Gästelisten, mit denen eigentlich Corona-Infektionen nachverfolgt werden sollen.
Die persönlichen Informationen von Besuchern von Restaurants, Kneipen, Kinos und Hotels, die Betreiber zur Nachverfolgung potenzieller Corona-Infektionsketten erheben müssen, sind ins Visier von Ermittlern geraten. Der deutsche Hotel- und Gaststättenverband Dehoga sieht dies mit Argwohn. In einem Schreiben an seine 65.000 Mitglieder, über das die Zeitungen der Funke-Mediengruppe berichten, gibt er zu bedenken: "Der Zugriff auf Gästedaten durch Polizeibehörden ist aus Sicht des Dehoga ein hochsensibles Thema."
Konfliktsituationen mit Gästen
Verbraucher nehmen demnach an den Anforderungen oft Anstoß oder machen erkennbar falsche Angaben. Es könnten "Konfliktsituationen zwischen Gastwirten und Gästen zunehmen", wenn Besucher "aufgrund gehäufter polizeilicher Abfragen Vorbehalte gegen die vorgeschriebene Registrierung haben", warnt der Verband. Zudem bestünden in den Bundesländern nicht einmal einheitliche Vorschriften, welche Angaben wie erhoben werden müssten.
Dehoga-Geschäftsführerin Ingrid Hartges forderte die 16 Landesregierungen in der Rheinischen Post auf, "dringend für Klarheit" zu sorgen, ob und wie die erhobenen Namen, Anschriften, Telefonnummern oder E-Mail-Adressen durch die Polizei verwendet werden dürften. Zuvor waren unter anderem in Hamburg, Hessen und Rheinland-Pfalz Fälle bekannt geworden, in denen Strafverfolger auf die Daten zugegriffen hatten.
Eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums erklärte ein solches Vorgehen auf Basis der Strafprozessordnung prinzipiell für legitim, "wenn die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen". Eine einschlägige Maßnahme müsse dabei stets in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere der jeweiligen Tat stehen. In Hamburg etwa war eine Messerstecherei der Auslöser.
"Völlig unbegründet"
Bayerns Innenminister Joachim Hermann (CSU) verteidigte die polizeiliche Praxis, von der Fahnder im Freistaat schon ein Dutzend Mal Gebrauch gemacht hätten, im ARD-Mittagsmagazin: "Es handelt sich um schwere Straftaten, bei denen das zur Ermittlung des Täters und für die Aufklärung der Straftat sinnvoll und richtig ist." Die Dehoga-Befürchtungen seien "völlig unbegründet". Baden-Württemberg lässt einen polizeilichen Zugriff dagegen nicht zu, in Sachsen gibt es keine Registrierungspflicht.
Der Hessische Datenschutzbeauftragte Michael Ronellenfitsch hatte vorige Woche ausdrücklich darauf verwiesen, dass aufgrund der Corona-Kontaktbeschränkungsverordnung erhobene Informationen "zweckgebunden ausschließlich zur Verfolgung von Infektionsketten zu verwenden sind". Sein Kollege in Rheinland-Pfalz, Dieter Kugelmann, verlangte, dass die Polizei "sich einen richterlichen Beschluss besorgen" sollte, wenn sie auf die Daten zugreifen wolle: "Dann besteht für alle Beteiligten Klarheit."
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(vbr)