Gegenwind für unerwünschte Werbe-Faxe und -Mails

Im Jahr 2001 wurden laut der nordrhein-westfälischen Verbraucherschutzministerin Bärbel Höhn bundesweit rund 80 bis 90 Millionen unerwünschte Werbefaxe verschickt.

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

"Im Jahr 2001 wurden bundesweit rund 80 bis 90 Millionen unerwünschte Werbefaxe verschickt", teilte die nordrhein-westfälische Verbraucherschutzministerin Bärbel Höhn auf dem Kongress "Telekommunikation und Verbraucherschutz" in Bonn mit. Schätzungsweise über vier Millionen Euro Kosten verursachten die Werbefaxe bei Faxbesitzern. "Wir prüfen zurzeit die Erfolgschancen von Schadensersatzklagen gegen die Werbefax-Versender", sagte Höhn.

"Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche ergeben sich in der Regel aus den Paragrafen 1004 und 823 des BGB", meinte Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz. Erst Anfang des Jahres hatte das Amtsgericht Frankfurt einen Anbieter auf rund 150 Euro Schadensersatz pro Faxsendung sowie zur Unterlassung künftiger Werbesendungen an den Empfänger verurteilt (Az: 32 C 2106/01-72). Dass ein Einzelhandelskaufmann von einer Werbefirma unaufgefordert ein Telefax mit Werbung erhalten hatte, stelle einen unzulässigen Eingriff in die Funktion des Faxgeräts des Empfängers sowie einen unzulässigen Gebrauch seines Faxpapiers und der Druckerpatrone dar, urteilte das Gericht. Daraus resultiere ein Schadenersatzanspruch des Faxempfängers gegenüber dem Faxversender. Außerdem seien dem Empfänger durch die Verfolgung dieses Anspruchs und der Ermittlung der Werbefirma Kosten in Höhe von 290 Mark entstanden.

Thomas Griese, Staatssekretär im nordrhein-westfälischen Verbraucherschutzministerium, wies darauf hin, dass die Beweislage allerdings in der Regel schwierig sei, da oft die Absenderkennung fehle. Verbraucherschutzministerin Bärbel Höhn forderte die gesetzliche Ausweitung des Schadensersatzes, sodass auch "die Zeit, die die Betroffenen zur Verfolgung ihrer Ansprüche aufwende müssen, berücksichtigt wird". Höhn mahnte mehr Preistransparenz im Telekommunikationsmarkt an. Dazu gehöre bei der Werbung für einen Faxabruf auch die Nennung der Seitenanzahl und die voraussichtlichen Gesamtkosten.

Karl-Heinz Schaffartzik, Vorstand der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, kritisierte, dass "Spam-Versender Gesetzeslücken nutzen und sich hinter Betreibern und der Regulierungsbehörde verstecken". Dieser Auffassung schloss sich auch eine Arbeitsgruppe auf dem Kongress an, die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) aufforderte, "nicht nur verwaltend tätig, sondern auch die Möglichkeit der Überwachungsfunktion mit Sanktionen wahrzunehmen". Auch solle eine Kampagne von Ministerium und Verbraucherschützern Nutzer über einen möglichen Selbstschutz bei ungewünschten Faxen, SMS-Mitteilungen und E-Mail-Werbung aufklären. Höhn versprach, die Forderungen aufzunehmen.

Zwar teilt die RegTP Verbrauchern auf Nachfrage mit, welchem Netzbetreiber sie den 1000er-Rufnummernblock zugeteilt habe, dem die beworbene Rufnummer entstammt. Doch dieser Kettensuchlauf sei recht "zeitaufwändig", meint Staatssekretär Griese. Die RegTP solle deshalb auf 0900-Nummern in den Jahren 2003 bis 2005 umstellen, da diese eine leichtere individuelle Erkennung ermöglichen. Die kurzfristige Lösung sei daher, so Griese, eine Unterlassungsklage.

Der Bundesrat beschäftigt sich kommende Woche mit dem Entwurf der Telekommunikations-Kundenschutzverordnung, wonach eine Mitstörerhaftung für Provider eingeführt werden soll. Demnach sollen Provider Kunden darauf hinweisen, dass Spam illegal ist und diesen dann gegebenenfalls unterbinden. "Damit wird ein deutlich erhöhter Verbraucherschutz erreicht", wirbt Griese.

Immerhin, betonte Peter Zangl von der Generaldirektion Informationsgesellschaft der EU-Kommission, verpflichtet auch die am 24. April im Europäischen Amtsblatt veröffentlichte Richtlinie "über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und –diensten" die Telekommunikationsbetreiber zu kostenlosen Dienstleistungen. Demnach müssen sie nicht nur wie bislang bereits kostenlose Einzelverbindungsnachweise erstellen, sondern auch "bestimmte abgehende Anrufe selektiv sperren", wie etwa "für teure Verbindungen zu Sonderdiensten mit erhöhter Gebühr". Auch müssen sie dem Verbraucher ermöglichen, seine "Ausgaben durch Vorauszahlung zu begrenzen und mit vorab entrichteten Anschlussentgelten zu verrechnen". Allerdings muss den Betreibern mit Universaldienstverpflichtungen nicht vorgeschrieben werden, "die Teilnehmer darauf hinzuweisen, wenn eine im Voraus festgelegte Ausgabenhöhe erreicht wurde oder ein ungewöhnliches Nutzungsverhalten festgestellt wird". (Christiane Schulzki-Haddouti) / (jk)