Geheime Spionagegeschäfte: Twitter trennt sich von Schweizer SMS-Firma

Eine wenig bekannte Schweizer Firma kann für andere massig SMS verschicken und hat angeblich heimlich Überwachung ermöglicht. Nun verliert sie Kunden.

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(Bild: iHaMoo/Shutterstock.com)

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Twitter und andere Unternehmen kappen die Geschäftsbeziehungen zu einem Schweizer Unternehmen, das massenhaft SMS verschicken kann, aber nebenher und heimlich die Überwachung von Mobilfunkgeräten ermöglicht hat. Man sei dabei, für den Versand von Verifikations-PINs von der Mitto AG zu anderen Dienstleistern zu wechseln, erklärte Twitter laut Bloomberg dem US-Senator Ron Wyden (Demokraten). Die geheimen Nebengeschäfte von Mitto waren im Dezember bekannt geworden, danach hatte eine Schweizer Zeitung auch noch "brisante Verbindungen nach Russland" aufgedeckt. Inzwischen ermittelt der Schweizer Datenschutzbeauftragte.

Die Vorwürfe richten sich hauptsächlich gegen den Mitgründer von Mitto, Ilja Gorelik. Erhoben hatte sie das Bureau of Investigative Journalism und Bloomberg. Mitto hat Verträge mit Providern in aller Welt, um SMS in großen Mengen und auch in schwer erreichbare Staaten wie etwa Afghanistan und den Iran zu schicken. Dafür zahlen nicht nur IT-Riesen wie Google, WhatsApp, Microsoft und eben Twitter, die über Mitto etwa SMS mit Verifikationsnummern verschicken. Gorelik war das aber wohl nicht einträglich genug: Den Recherchen zufolge verkaufte er die Zugänge zu den Mobilfunknetzen an Kunden, die das etwa für die Standortüberwachung von Mobilfunkgeräten nutzen konnten. Dazu habe er eigenmächtig Software installiert. Kunden, Provider und angeblich sogar Mitto selbst hätten davon nichts gewusst.

Wenige Tage nach den Berichten über diese geheimen Nebengeschäfte und fragwürdige Praktiken im Unternehmen selbst hatte der Schweizer Tages-Anzeiger außerdem Geschäftsverbindungen nach Russland aufgedeckt. Mitto ist demnach hundertprozentige Mutter einer mutmaßlichen Briefkastenfirma in Moskau, die genau in jenem Jahr gegründet wurde, in dem die heimlichen Überwachungsaktivitäten ihren Ausgang genommen haben. Für den Geheimdienstexperten Erich Schmidt-Eenboom weckte die Enthüllung den Verdacht, "dass russische Dienste mit Informationen von Mitto versorgt worden sein könnten". Mitto selbst hatte angesichts der ersten Enthüllungen eine interne Untersuchung eingeleitet. Zu den Berichten über die jetzt abspringenden Kunden wollte sich die Firma gegenüber Bloomberg nicht äußern.

(mho)