Geldwäschebekämpfung: Polizei warnt vor Blindflug durch risikobasierten Ansatz

Die geplante Reform der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen stößt Ermittlern übel auf. Schon jetzt gebe es dort erhebliche Erkenntnisdefizite.

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Geldscheine

(Bild: AlAnton/Shutterstock.com)

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Das Vorhaben der Bundesregierung, die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen stärker auf den Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu fokussieren und dafür einen risikobasierten Ansatz gesetzlich festzuschreiben, fällt bei Ermittlern durch. Die auch als Financial Intelligence Unit (FIU) bekannte Behörde arbeite zwar schon seit 2020 mit diesem Konzept der Konzentration auf ihre Kernaufgabe, erklärte Dirk Peglow, Vorsitzender des Bunds deutscher Kriminalbeamter (BdK) am Montag bei einer Anhörung im Bundestag. Dies habe aber schon zu einem "erheblichen Erkenntnisdefizit" bei der Analyse von Straftaten geführt. Den Ansatz nun noch gesetzlich zu verankern, ohne die Techniken und Arbeitsweisen der FIU zu verändern, mache die Sache nicht besser.

Verpflichtete wie Händler und Finanzinstitute senden der Zentralstelle jährlich zehntausende Verdachtsmeldungen. Diese prüft sie und leitet sie gegebenenfalls an die Strafverfolgungsbehörden weiter. Aktuell setze die FIU dabei zunächst nur eine Schlagwortsuche ein, "die zudem schlecht ist", monierte Peglow. Ob etwa eine Bande eine Meldung ausgelöst habe, lasse sich so nicht nachvollziehen. Viele Corona-Betrugsfälle und der Wirecard-Skandal seien aufgrund nicht richtig gesetzter Filter untergegangen. Die FIU führe oft nicht einmal eine Einwohnermeldeabfrage durch, um etwa einen Wegzug nachzuvollziehen. Die eigentlich benötigte Ermittlungstiefe fehle. Dabei könne ein Mitarbeiter prinzipiell bis zu 50 Meldungen am Tag in einer Erstanalyse bearbeiten, sodass bei geplant rund 150 Beschäftigten eine Menge zusammenkomme. Dass sich die Prüfer nun mit "sonstigen Straftaten" gar nicht mehr befassen sollten, "macht uns sehr zu schaffen".

Datenschützer kritisieren die Zugriffsrechte der FIU als viel zu weitgehend und beklagen eine Vorratsdatenspeicherung. Frank Buckenhöfer von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) erachtet es dagegen als Webfehler der Behörde, dass diese keinen Zugang zum gesamten föderalen Datenbestand der Strafverfolgungsinstanzen von Bund und Ländern habe und diesen daher nicht automatisiert analysieren könne. Solange die Politik hier nicht ansetze, bleibe die FIU mit einem risikobasierten Ansatz "im Blindflug". Sie brauche Einsicht in Daten zu Terrorismus, organisierter Kriminalität und "akkumulierte Vortaten". Eine Bank etwa könne beim Erstellen einer Meldung ja nicht wissen, ob dieser etwa eine Drogenhandlung zugrunde liege.

Es sei richtig, die FIU stärker auf das risikobasierte Konzept zu fokussieren, betonte indes Thomas Liebel, Bundesvorsitzender der Zoll- und Finanzgewerkschaft. Auch damit erfolge zu jeder Meldung eine Grundrecherche und dann die Entscheidung: "wie tief steigen wir ein". Der Rest geht in einen Informationspool mit hunderttausenden Datensätzen, "auf die alle Strafverfolgungsbehörden entsprechend Zugriff haben". Fast alle FIUs international führen bereits einen solchen Ansatz. Manuell lasse sich der Anstieg an Meldungen eh nicht mehr wuppen. Hennie Verbeek-Kusters von der FIU der Niederlande bestätigte, dass die fokussierte Suche helfe, "die wichtigen Kriminellen zu finden". Wenn sich die Mitarbeiter "alles anschauen", würde viel hinten runterfallen.

Als sinnvoll bezeichnete auch Max Ehrl, Geschäftsführer der Bundesnotarkammer, den Schritt hin zu risikobasiert. Notare seien für fast 80 Prozent der Meldungen verantwortlich und setzten dabei selbst bereits erfolgreich auf den Ansatz. Bei einem "Drittstaatenbezug" etwa gelte so automatisch eine erhöhte Sorgfaltspflicht. Ähnlich äußerte sich Silvia Frömbgen vom Banken-Dachverband Deutsche Kreditwirtschaft. Als Grund für die Flut auch an Bagatellmeldungen machte sie aus, dass der Bußgeldtatbestand für Verpflichtete massiv erweitert worden sei und es bereits einschlägige Verurteilungen gebe. Viele Institute gäben daher lieber öfter einen Hinweis ab als einen zu wenig nach dem Motto: "Melden macht frei."

(mho)