Geninformationen aus Island zu verkaufen

Nächste Woche wird das isländische Parlament über einen Gesetzesvorschlag entscheiden, der bislang einzigartig ist und bei dem natürlich die Themen Datenschutz und geistiges Eigentum eine entscheidende Rolle spielen.

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Von
  • Florian Rötzer

Nächste Woche wird das isländische Parlament über einen Gesetzesvorschlag entscheiden, der bislang einzigartig ist und bei dem natürlich die Themen Datenschutz und geistiges Eigentum eine entscheidende Rolle spielen. Das Gesetz über eine medizinische Datenbank sieht vor, einer Firma das exklusive Recht über einen Zeitraum von 12 Jahren einzuräumen, die genetischen und medizinischen Daten aller Isländer in einer zentralen Datenbank sammeln und sie anonymisiert an interessierte Dritte weiter verkaufen zu können.

Die Isländer wohnen gewissermaßen im gelobten Land der Genetik und verfügen über ein hochangereichertes Lager an genetischen Informationsschätzen. Islands kleine Bevölkerung von etwa 270000 Einwohnern hat ein relativ homogenes Genom, und die Menschen können ihre Genealogie gut zurückverfolgen. Das läßt etwa die Identifizierung der Gene leichter werden, die eine Krankheit (mit)verursachen.

In Island würde, so das Versprechen, durch eine zentrale medizinische Datenbank das Gesundheitssystem effektiver und billiger, aber ihre Einrichtung würde auch mindestens 400, meist gut ausgebildeten Spezialisten einen Arbeitsplatz verschaffen und so deren Abwanderung verhindern. Andererseits wird die Firma deCODE damit ein einmaliges Monopol über die medizinischen und genetischen Daten eines ganzen Landes besitzen.

Am Schärfsten wird von Kritikern beanstandet, daß isländische Bürger erst einen Antrag stellen müssen, damit ihre Daten nicht in die Datenbank eingetragen oder aus ihr gelöscht werden. Die Daten sollen zwar anonymisiert sein, aber es wird lediglich der Name des Betroffenen so verschlüsselt, daß man ihn angeblich nicht durch einen Decodierungsschlüssel wiederherstellen kann. Der Verschlüsselungscode wird von einer staatlichen Behörde aufbewahrt. Über die Einhaltung des Datenschutzes soll eine unabhängige Kommission wachen. Überdies haben die Betroffenen nach der umstrittenen Gesetzeslage keine Kenntnis über den Verwendungszweck ihrer Daten - und am Gewinn beteiligt sind sie natürlich auch nicht.

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