Twitter: Forscher zeigen Hashtag-Flooding durch pro-chinesische Accounts auf

Tweets von Menschenrechtlern, die auf die Situation der Uiguren in China hinweisen, werden per Hashtag-Flooding gestört.

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(Bild: Koshiro K/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Twitter-Accounts, die offenbar der chinesischen Regierung nahestehen, versuchen laut US-Wissenschaftlern seit mehreren Monaten per Hashtag-Flooding den Hashtag #GenocideGames zu verwässern, berichtet das Wall Street Journal am Dienstag. Der Hashtag wird unter anderem von Menschenrechtsaktivisten dazu verwendet, um auf die Situation der gewaltsamen Assimilierung religiöser Minderheiten wie den Uiguren in ihrer Heimatregion Xinjiang hinzuweisen. China steht als Gastgeberland der Olympischen Winterspiele 2022 dafür international in der Kritik.

Die Kampagne gegen #GenocideGames soll seit Ende Oktober laufen, schreibt das Wall Street Journal. Ein Forscherteam rund um die Professoren Darren Linvill und Patrick Warren des Media Forensics Hubs der Clemson University im US-Bundesstaat North Carolina habe herausgefunden, dass weitgehend automatisierte Konten "Spam-ähnliche Notizen" mit dem Hashtag absetzen, um dessen Wirksamkeit einzuschränken. Dazu werden viele nicht mit dem eigentlichen Thema zusammenhängende Inhalte gepostet, um den Hashtag unbrauchbar zu machen. Twitter-Nutzerinnen und -Nutzer, die nach dem Hashtag suchen, haben es nun schwerer, in diesem Informationswust für sie relevante Informationen zu finden – etwa über anstehende Proteste und andere Aktionen.

Konkret handele es sich um 132.000 Tweets mit dem Hashtag #GenocideGames, die zwischen dem 20. Oktober 2021 bis zum 20. Januar 2022 auf Twitter gepostet wurden. Rund 67 Prozent davon sollen nicht mehr auf Twitter sichtbar sein, sagen die beiden Forscher. Die Accounts sollen dabei vortäuschen, nicht-chinesischen Ursprungs zu sein, indem eher westliche Namen verwendet werden. Etwa 70 Prozent der teilweise paketweise neu eingerichteten Konten hatten keinerlei Follower, was auf ein extra für den Zweck eingerichtetes Netzwerk hindeute.

"Der chinesische Propagandaapparat hat sich sehr darauf konzentriert, sein Image in Bezug auf die Behandlung der Uiguren zu verteidigen und gleichzeitig die Olympischen Spiele zu bewerben", sagte Linvill dem Wall Street Journal. Die Überflutung des Hashtags diene möglicherweise nicht nur dazu, es den Menschenrechtlern zu erschweren, andere zu informieren und sich zu organisieren, sondern auch, um die automatischen Spam-Überwachungssysteme von Twitter in Gang zu setzen. Dann könnten die mit #GenocideGames verbundenen Inhalte entfernt werden, mutmaßen die Wissenschaftler.

Twitter gab an, die von den pro-chinesischen Accounts geposteten Tweets bereits im Dezember identifiziert zu haben. "Gegen einige dieser Tweets" habe Twitter Maßnahmen im Rahmen der Regeln gegen Spam und Plattformmanipulation ergriffen, heißt es im Wall Street Journal. Wie viele Accounts und Tweets betroffen waren, sagte die Unternehmenssprecherin allerdings nicht.

Vor allem westliche Regierungen und Bürgerrechtsorganisationen weltweit kritisieren den Umgang Chinas mit der muslimischen Minderheit der Uiguren im autonomen Gebiet Xinjiang. Sie beschuldigen China, dort Menschenrechtsverletzungen zu begehen, die Uiguren in Umerziehungslagern zu stecken und kulturell assimilieren zu wollen und damit eine Art kulturellen Genozid zu verüben. Letzteres spiegelt sich auch in dem Hashtag #GenocideGames wider.

China weist die Vorwürfe zurück und versucht, während der Olympischen Winterspiele ein positives Verhältnis zu den Uiguren aufzuzeigen. So durfte die uigurische Skilangläuferin Dinigeer Yilamujiang zusammen mit dem chinesischen Nordischen Kombinierer Zhao Jiawen das olympische Feuer der Winterspiele in China entzünden. Kritiker sehen dies als Propaganda an, um von der Verfolgung der Uiguren abzulenken.

Mittlerweile wird auf Twitter offenbar zunehmend der Hashtag #GenocideOlympics verwendet.

(olb)