GenomDE: Modellprojekt zur Genomsequenzierung gestartet

Das Modellvorhaben zur Genomsequenzierung für eine präzisere medizinische Versorgung ist gestartet.​ Das soll unter anderem Menschen mit Krebs helfen.

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(Bild: PopTika/Shutterstock)

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Mit dem auf fünf Jahre angesetzten Modellvorhaben Genomsequenzierung will das Bundesgesundheitsministerium für eine bessere individuelle Versorgung von Patienten dank einer bundesweiten Plattform sorgen. Die Plattform zum Austausch von Genomdaten ist Teil der 2019 gestarteten nationalen Strategie für Genommedizin. Beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) wird dafür künftig ein Plattformträger eingerichtet, der laut BfArM "die Verantwortung über den Betrieb der Datenplattform" trägt. Die Weichen dafür wurden unter anderem mit dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz gestellt.

Forschende müssen dann, wie bei anderen Forschungsdaten auch, einen Antrag auf Datennutzung stellen. In der ersten Jahreshälfte 2025 soll dazu ein Konzept zur Verknüpfung der Daten mit den Krebsregistern und ein Jahr später "ein Konzept zur Verknüpfung mit den Daten des Forschungsdatenzentrums Gesundheit" vorliegen. Die Datenplattform baut das BfArM nach eigenen Angaben so auf, dass es für klinische Daten klinischen Datenknoten gibt und "genomische Daten in sogenannten Genomrechenzentren gespeichert werden". Das soll die Datensicherheit gewährleisten. Dabei werden die klinischen Datenknoten bei verschiedenen Kliniken angesiedelt und die Genomrechenzentren von darauf spezialisierten Forschungseinrichtungen betrieben.

"Die Verarbeitung und Bereitstellung von Daten erfolgt durch sogenannte Datendienste. Klinische Datenknoten, Genomrechenzentren und Datendienste werden vom Plattformträger zugelassen und kontrolliert", erklärte das BfArM. Ebenso würden alle Daten pseudonymisiert gespeichert, damit sie "nicht direkt mit bestimmten Personen in Verbindung gebracht werden können". Wie für andere Anwendungen, etwa die elektronische Patientenakte auch, soll dazu eine Vertrauensstelle beim Robert Koch-Institut eingerichtet werden.

Für die Umsetzung des Modellvorhabens, das nach § 64 e Sozialgesetzbuch (SGB) V startet, stellen die gesetzlichen Krankenkassen insgesamt bis zu 700 Millionen Euro bereit. Diese hatten zuvor auch geprüft, "welche Krankenhäuser über die notwendigen personellen und technischen Voraussetzungen verfügen, um diese komplexe Leistung in einem qualitätsgesicherten Prozess erbringen zu können". Das Vorhaben sei weltweit einmalig, sagte Stefanie Stoff-Ahnis, stellvertretende Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes.

Für das Vorhaben hatten der Verband der Universitätsklinika Deutschlands (VUD) und der GKV-Spitzenverband einen Vertrag geschlossen. Demnach werden sich mehr als zwanzig Universitätskliniken an dem Modellvorhaben beteiligen und sowohl klinische als auch genomische Daten über Patienten erheben. Zu weiteren Partnern gehören unter anderem die Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen, die Deutsche Gesellschaft für Pathologie in Heidelberg, das Deutsche Konsortium Familiärer Brust- und Eierstockkrebs und die Medizininformatik-Initiative.

Die Daten werden "für eine Diagnosestellung oder eine Therapieempfehlung genutzt als auch für die Evaluation der Qualität der medizinischen Behandlung und des Modellvorhabens insgesamt", heißt es vom GKV-Spitzenvband. Bei einer entsprechenden Einwilligung kommen die Daten in der genomischen Forschung zum Einsatz. Damit hoffen die Beteiligten unter anderem, das Überleben von Krebsbetroffenen verbessern zu können.

"Die Bündelung der gewonnenen klinischen und genomischen Daten in einer Dateninfrastruktur hilft bei der Behandlung, aber auch dabei, gezielte Therapiemöglichkeiten durch Forschung entwickeln zu können", erklärte Jens Bussmann, VUD-Generalsekretär. Für den Start des Projekts war auch die Zustimmung des Bundesrats zu einer Genomdatenverordnung erforderlich, die unter anderem die Fristen der zu erhebenden Daten und den Umgang mit den Daten aus technischer und organisatorischer Sicht regelt. Im Herbst 2021 hatte das Gesundheitsministerium das Projekt GenomDE ins Leben gerufen, um die Diagnostik und Therapie bei seltenen onkologischen Erkrankungen voranzubringen.

Mitte Juli wurde für GenomDE die Verordnung zum Modellvorhaben zur umfassenden Diagnostik und Therapiefindung mittels Genomsequenzierung bei seltenen und bei onkologischen Erkrankungen (Genomdatenverordnung — GenDV) im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Zuvor wurde das Projekt auf dem dritten GenomDE-Symposium unter anderem von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach vorgestellt.

Projektstruktur von GenomDE

(Bild: TMF)

Koordiniert und vorbereitet wird das GenomDE von der Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung, kurz TMF. "Das Projekt GenomDE hat sich zu einer bedeutenden Plattform entwickelt und wir hoffen, dass wir mit vielen Akteuren – dieses Feld weiterentwickeln und den Anschluss in die europäischen Forschungsinfrastrukturen schaffen", freut sich Sebastian C. Semler, TMF-Geschäftsführer.

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Die Datenspenden lassen laut Lauterbach keine Rückschlüsse auf die Patienten zu. "Da gehen wir kein Risiko ein", erklärte der Gesundheitsminister auf dem dritten Genomsymposium. Bisher verstehe man Lauterbach zufolge nur sehr wenig von der Sprache "des genetischen Codes, die Sprache der daraus resultierenden Proteine und die Sprache der damit einhergehenden Funktionen". Dank enormer Fortschritte mit KI sei es aber unter anderem gelungen, aus der Sprache des genetischen Codes Proteinstrukturen vorherzusagen. In diesem Zusammenhang sprach Lauterbach vom "Vorabend einer Revolution in der Medizin".

Dabei nannte Lauterbach neben seinem Paradebeispiel Alphafold auch das ESM3-Projekt von EvolutionaryScale und Forschern der University of Berkeley, California. Dabei handelt es sich um ein multimodales generatives Sprachmodell, das in der Lage sein soll, über die Sequenz, Struktur und Funktion von Proteinen nachzudenken und Millionen Jahre Proteinevolution zu simulieren. Dahinter stecken viele Partner aus Big-Tech-Unternehmen, beispielsweise wurde das Start-up EvolutionaryScale von ehemaligen Meta-Forschern gegründet.

(mack)