Geopolitik überschattet VMware Explore in Barcelona, KI im Fokus

Statt erwarteter Nachrichten zur Broadcom-Übernahme steigt die Unsicherheit, ob es überhaupt noch klappt. Technisch dominierten KI-Themen die Konferenz.

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(Bild: VMware)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Jens Söldner
  • Mustafa Radha Jassim
Inhaltsverzeichnis

Auf seiner jährlichen europäischen Hausmesse VMware Explore Barcelona erwarteten die rund 9000 vor Ort angereisten Teilnehmer eigentlich Neuigkeiten zur geplanten Übernahme von VMware durch Broadcom. Die bislang teuerste Übernahme eines anderen Unternehmens durch Broadcom über 61 Milliarden US-Dollar hätte Ende Oktober bereits abgeschlossen sein sollen. Da Broadcom einen nicht unerheblichen Anteil seines Umsatzes in China macht, muss allerdings auch die chinesische Regierung der Übernahme zustimmen. Aufgrund der Handelssanktionen der US-Regierung im Chip-Bereich hat die jedoch dem Übernahmedeal immer noch nicht zugestimmt und die Wahrscheinlichkeit, dass dies noch geschieht, nimmt täglich ab. VMware ist damit unversehens zum Spielball aktueller geopolitischer Verwerfungen geworden, was für erhebliche Unsicherheit für VMwares Mitarbeiter, Partner und auch Kunden sorgt. Laut Analystenhaus Forrester sollen rund 20 % der VMware-Kunden bereits erwägen, dem Hersteller zeitnah den Rücken zu kehren.

Auf der technischen Seite stand wenig überraschend auch bei der europäischen Ausgabe der Hausmesse das Thema künstliche Intelligenz im Vordergrund. VMware hatte bereits auf seiner US-amerikanischen VMware Explore Ende August seine „Private AI“-Strategie vorgestellt und diese nun weiter konkretisiert und mit zusätzlichen Partnerschaften erweitert. Mit Private AI adressiert der Hersteller sicher ein dringendes Bedürfnis vieler Kunden, die generative künstliche Intelligenz nutzen möchten, aber aufgrund von Datenschutz- und Compliance-Bedenken von der Nutzung dieser Dienste in der Public Cloud zurückschrecken.

Zusätzlich zu den Ankündigungen von vor drei Monaten stellte der Hersteller jetzt weitere Kooperationen vor, die den Kunden mehr Wahlfreiheit bei der Implementierung einer „Private AI“-Umgebung bieten. VMware möchte hier seinen „Cloud Smart“-Ansatz auf den AI Bereich übertragen. Man plant, sich als Plattform zu etablieren, mit der sich Kunden aus dem weiten Feld der AI-Frameworks mit wenig Aufwand ihre eigene Wunschumgebung stricken können und gleichzeitig die volle Kontrolle über ihre Daten behalten. Dazu stellte VMware in der Keynote eine gemeinsame Referenzarchitektur mit Intel vor (VMware Private AI with Intel). Mit dieser sollen Kunden ihre im eigenen Rechenzentrum betriebene AI Umgebung nach Best Practices beider Hersteller bauen können – ohne den Zwang, GPUs verwenden zu müssen („AI without GPUs“).

Diese Referenzarchitektur basiert auf Intels Xeon-Prozessoren der 4. Generation mit AI Beschleunigungsbefehlen der Advanced Matrix Extensions (AMX). Sie bieten laut Intel eine zehnfache Leistungsverbesserung für gängige KI-Frameworks und machen CPUs für bestimmte KI-Aufgaben zu einer GPU-Alternative zu GPUs. In einer Demo zeigten die Hersteller ein LLAMA-2-Modell von Hugging Face mit sieben Milliarden Parametern, das sie mit Daten aus dem Finanzbereich feingetunt haben. Auf einem einzigen Xeon Prozessor der neuesten Generation konnten in der Demo drei Chatbot-Inferenz-Sitzungen gleichzeitig laufen – und das ohne die Verwendung einer dedizierten Grafikkarte. Ebenfalls Bestandteil der vorgestellten Referenzarchitektur ist Intels Open-Source-Framework One API, das nun unter dem Projektnamen Unified Acceleration Foundation (UXL) bei der Linux Foundation untergekommen ist. VMware ist zeitgleich zur Konferenz auch dem Steuerkreis der UXL Foundation beigetreten.

Die Architektur von VMware Private AI mit Intel AMX im Überblick.

(Bild: VMware)

Intels Ziel hier ist klar: Man will eine Alternative zu Nvidias proprietärer und marktbeherrschender CUDA-Plattform bereitstellen. Eine Unterstützung für Intels GPUs „Data Center GPU Max“ soll ebenfalls kurzfristig folgen und Kunden mehr Wahlfreiheit bei der Hardwareauswahl bieten. Serverseitig werden die Hersteller Dell Technologies, Hewlett Packard Enterprise und Lenovo die VMware Private AI mit Intel auf Basis ihrer angekündigten Servermodelle mit Intel Xeons der 4. Generation mit Advanced Matrix Extensions (Intel® AMX) und Intel Max Series GPUs unterstützen. Weitere technische Informationen sowie Konfigurationsempfehlungen und Benchmarks zur gemeinsamen Initiative mit Intel zur AI ohne GPUs stellt VMware hier bereit.

An Unternehmen, die IBMs KI- und Datenplattform watsonx in einer kontrollierten on-Premises-Umgebung oder in der von VMware verwalteten hybriden Cloud zum Training und Feintuning von KI-Modellen nutzen möchten, wendet sich die nächste Ankündigung aus der Keynote. Im Rahmen einer Partnerschaft mit IBM will VMware auf Basis seiner Cloud Foundation Softwaresuite und Red Hats OpenShift seinen Kunden ermöglichen, die watsonx AI Funktionen für den Betrieb von Machine Learning (MLOps) einzusetzen. Zusätzlich erhalten Kunden darüber Zugriff auf von IBM ausgewählte und kuratierte Open-Source-Modelle von Hugging Face sowie weiteren Modellen, um ihre Anwendungen mit generativer künstlicher Intelligenz (GenAI) selbst betreiben zu können.

Seitens VMware ist die Basis für alle diese Anwendungen die hauseigene Softwaresuite VMware Cloud Foundation (VCF), die der Hersteller nun in der Version 5.1 vorgestellt hat. VCF ist ein Bundle von VMware vSphere (aktuell in Version 8.0 Update 2/2a), dem hyperkonvergenten Speicherdienst vSAN, VMwares Netzwerkvirtualisierung NSX in der aktuellen Version 4.1 sowie einem zentralen Management über den SDDC Manager. Der SDDC Manager und weitere Werkzeuge vereinfacht Installation, Betrieb und Wartung der stark miteinander verzahnten Produkte. Neu in VCF 5.1 sind die folgenden Detailverbesserungen: Administratoren können Upgrades des ESXi Hypervisors zentral von der VMware Cloud Console aus verwalten. Die seit vSphere Version 8.0 neue vSAN Express Storage Architecture (vSAN ESA) soll deutlich schneller sein, VMware spricht hier von Faktor 4. Weiter lassen sich AI und ML Workloads mit einer Kombination von bis zu 16 GPUs pro VM optimieren.

Auch einige Ankündigungen am Rande der Veranstaltung waren interessant. VMware NSX weist seit Version 3.2 eingebaute Intrusion Detection und Prevention (IDS/IPS) Funktionen auf, die wiederum auf der im Hypervisor-Kernel implementierten Distributed Firewall von NSX basieren. Allerdings müssen SOC-Analysten die durch das System aufgeworfenen Vorfälle sichten und Gegenmaßnahmen auslösen. Mit dem auf der Messe neu vorgestellten Project Cypress will VMware SOC-Analysten mit GenAI Fähigkeiten unter die Arme greifen, Sicherheitsvorfälle schneller klassifizieren und behandeln zu können.

(avr)