Geplatzte Fusion eröffnet EMI neue Möglichkeiten

Nach dem Platzen der Fusion von EMI und der Warner Music Group (WMG) laufen die Spekulationen über neue Interessenten für das Plattenlabel auf Hochtouren.

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Von
  • Christian Rabanus

Nach der geplatzten Fusion von EMI und der Warner Music Group (WMG) laufen die Spekulationen über neue Interessenten für das britische Musikunternehmen auf Hochtouren. Im Mittelpunkt steht dabei neben anderen der Gütersloher Medien-Konzern Bertelsmann.

Nach Meldungen der US-Presse sowie der Frankfurter Allgemeinen Zeitung würde Berteilsmann gerne die Bertelsmann Music Group (BMG) mit EMI verschmelzen. Ein Bertelsmann-Sprecher bezeichnete dies aber als "Spekulation" und lehnte eine weitere Stellungnahme ab. Es scheint auch etwas verfrüht, die Kooperation von Time Warner und EMI jetzt schon völlig abzuschreiben. Immerhin teilten beide Konzerne mit, dass sie ihr Fusionsvorhaben weiterverfolgen wollen. Branchenkenner halten auch eine enge Zusammenarbeit in bestimmten Geschäftsbereichen ohne eine vollständige Fusion für denkbar.

Die Zeitung USA Today nannte jedenfalls am Freitag als EMI-Interessenten den Unterhaltungs- und Medien-Konzern Walt Disney, die News Corporation des australischen Medienunternehmers Rupert Murdoch und die US-Programmfirma Liberty Media. Auch T-Online und andere europäische Onlinedienste wie Terra Networks und Tiscali rechnet USA Today zu potentiellen Bietern für EMI. Die Onlinedienste benötigen Inhalte für ihr Internetangebot. Schließlich soll auch die Hongkonger Internetholding Pacific Century Cyberworks an einer Übernahme des Musik-Konzerns interessiert sein, schreibt die New York Times.

Thomas Middelhoff, Chef von Bertelsmann, hatte bereits im Januar angekündigt, dass sein Unternehmen noch in diesem Jahr die weltweite Nummer eins im Musikgeschäft werden wolle. Er erwähnte neben EMI als potentiellen Übernahmekandidaten auch Sony Music. Im September hatte Bertelsmanns Musikmanager Michael Dornemann dann nicht ausgeschlossen, im Falle der Untersagung der Fusion selbst ein Gebot für die EMI abzugeben: "Wenn die Möglichkeit da ist, sind wir offen."

Das vorläufige Scheitern des Zusammenschlusses von EMI und Time Warner könnte den Weg für eine rasche Billigung der noch bedeutenderen Fusion von Time Warner und America Online durch Brüssel ebnen. "Unsere Diskussionen mit der Kommission nähern sich dem Ende, und wir sind in Hinblick auf einen erfolgreichen Abschluss zuversichtlich", sagte Time Warner-Sprecher Ed Adler. Aus Industriekreisen verlautete zudem, dass sich die 15 EU-Staaten bereits für eine Genehmigung der Fusion ausgesprochen hätten. Allerdings hat eine solche Empfehlung für die Kommission keine bindende Wirkung.

Der Anstieg der Time Warner-Aktie um 5,24 US-Dollar auf 91,24 US-Dollar und der AOL-Aktie um 2,85 US-Dollar auf 61,50 US-Dollar am Donnerstag zeigt, dass die Wall Street die Verschiebung der Fusion EMI/WMG goutiert. Allerdings steht immer noch das Votum der US-Regulierungsbehörden aus. In den USA konzentrieren sich die Einwände gegen den Zusammenschluss AOL/Time Warner nicht auf das weltweite Musikgeschäft, sondern auf eine drohende Dominanz im US-Markt für Kabelnetze und Breitband-Internet. (chr)