Geschäftschance Open Source: Univention will 2010 mit Partnern deutlich wachsen

Die zunehmende Verbreitung von Linux und Open Source lässt auch bei Entscheidern die Akzeptanz für quelloffene Software nachhaltig steigen. Eine Entwicklung, die Univention gemeinsam mit Partnern nutzen will, um das Wachstum 2010 zu forcieren.

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Peter H. Ganten, Geschäftsführer, Univention

An seiner optimistischen Einschätzung zu den Markt- und Geschäftsaussichten im Open-Source-Umfeld lässt Univention-Chef und -Gründer Peter Ganten keinen Zweifel aufkommen. So begrüßte er die Teilnehmer des zweiten Univention Partner Summit Mitte Januar in Bremen mit der Prognose: "Die Chancen für Open Source sind besser denn je."

Die 2002 gegründete Univention GmbH entwickelt und vermarktet mit dem Univention Corporate Server (UCS) ein auf Linux basierendes Betriebssystem, das als Komplettsystem die Basis für eine Firmen-IT-Infrastruktur in kleinen und mittelständischen Unternehmen bildet. Während Univention damit natürlich in Konkurrenz zu anderen Anbietern aus dem Linux- und Open-Source-Umfeld steht, stuft Ganten jedoch Microsoft als wichtigsten Wettbewerber ein.

Denn obwohl die Akzeptanz von Open Source Software (OSS) aus technischer Sicht kein Vermarktungshindernis mehr darstelle, zögerten viele IT-Entscheider aber auch Anwender vor dem Einsatz von OSS in den Unternehmen zurück. "Vorbehalte gibt es in Projekten häufig, weil den Kunden ein 'Hersteller' fehlt, der die Gesamtverantwortung übernimmt", räumt der Univention-Chef ein. Allein im vergangenen Jahr ist es Univention – meist in Zusammenarbeit mit Channel-Partnern – aber gelungen, rund 200 neue Kunden von den Vorzügen des UCS und OSS im Allgemeinen zu überzeugen.

Mit einem Kundenstamm von mittlerweile etwa 400 Unternehmen sieht Ganten seine Firma im Wettbewerbsumfeld OSS hierzulande auf Rang zwei oder drei. Red Hat könne derzeit wohl noch etwa doppelt so viele Kunden vorweisen – Univention sei aber auf einem sehr guten Weg, den Anschluss zu schaffen. So habe das Bremer Unternehmen in den vergangenen drei Jahren jeweils rund 30 Prozent wachsen können. Der Umsatz erreichte zuletzt knapp 1,7 Millionen Euro – hat sich seit 2006 also mehr als verdoppelt.

Mit einem Plus von gut 75 Prozent wuchs dabei das Partnergeschäft von Univention im vergangenen Jahr deutlich überdurchschnittlich. Und genau dieses Momentum möchte Ganten auch für die künftige Wachstumsstrategie nutzen: "Wir wollen nur mit Partnern weiter wachsen", unterstrich der Univention-Chef. Dazu werde das Unternehmen unter anderem in die Lead-Generierung investieren, aber auch mit Aktionen, Veranstaltungen und Kampagnen Partner noch gezielter unterstützen. Geplant ist beispielsweise ein Cross-Upgrade-Promotion für Anwender älterer Windows-Server-Versionen.

Auch wenn Univention die ambitionierten Pläne für den Ausbau des Partnernetzwerkes zurückgeschraubt hat – noch vor gut einem Jahr peilte Ganten eine Verdopplung der Zahl der damals rund 80 Channel-Partner an –, bemüht sich Vertriebsleiter Cord Martens weiterhin um die Rekrutierung neuer Partner. Insbesondere in der Südhälfte Deutschlands ist das Bremer Unternehmen noch unterrepräsentiert. Hier will Univention gezielt aktiv werden und Partner vor allem auch personell vor Ort intensiver betreuen. "Der Schwerpunkt unserer Channel-Aktivitäten wird aber darauf liegen, unsere bestehenden Partner in die Lage zu versetzen, noch deutlich mehr Geschäft als in der Vergangenheit zu machen", betonte Martens im Gespräch mit heise resale.

2. Univention Partner Summit am 14.1.2010 im Bremer Speicher XI

(Bild: Univention)

Dass die Chancen dafür gerade jetzt besser stünden als je zuvor, begründete Univention-Geschäftsführer Ganten anhand mehrerer Trends. Nach dem Krisenjahr 2009 prognostizieren die meisten Marktforscher wieder steigende IT-Budgets. Gantens Einschätzung zufolge werde aber OSS im Speziellen von der wachsenden Verbreitung quelloffener Software profitieren: "Linux und Open Source und der Umgang damit werden auch für IT-Entscheider immer selbstverständlicher. Sie kommen auf immer mehr Geräten des Alltags wie Handys, Smartphones, Netbooks und dergleichen zum Einsatz", bekräftigt Ganten mit Verweis auf OSS-Vertreter wie Android, Moblin, WebOS, ChromeOS oder Maemo.

Einen Argumentationsvorsprung im Kundengespräch verschaffe Partnern 2010 vor allem auch die Tatsache, dass der Konzern aus Redmond derzeit keine weiteren neuen Windows-Betriebssysteme "in der Pipeline" habe. "Die Situation, dass wir in Projekten, in denen es um die erstmalige Einführung von UCS in einem Unternehmen geht, mit der Aussage konfrontiert werden, der Kunde wolle erstmal abwarten, was die nächste Windows-Version im Vergleich zu bieten habe, dürfte 2010 kaum auftreten", gab sich Ganten zuversichtlich.

Zwar bezweifelt auch der Univention-Chef nicht, dass Windows 7 für Microsoft ein Erfolg wird, Ganten sieht aber deutliche Anzeichen dafür, dass sich Kunden stärker als zuvor nach Alternativen zu den Microsoft-Betriebssystemen umsehen. So zeige etwa Google Trends, dass entsprechende Suchanfragen seit der Markteinführung von Windows 7 rapide zugenommen hätten. Als potenzielle Kunden stuft Ganten daher besonders die noch immer zahlreichen Unternehmen ein, die nach wie vor Windows XP im Einsatz haben, nicht zuletzt aber auch aufgrund des auslaufenden Supports über kurz oder lang migrieren müssen.

Neben dem Servergeschäft mit UCS eröffne diese Situation Univention auch im Desktop-Umfeld neue Chancen. Gesteigertes Interesse hat Ganten vor allem im öffentlichen Sektor ausgemacht. "Da hilft uns auch das Bekenntnis der neuen Regierung, die ja die Förderung von OSS im Koalitionsvertrag verankert hat", kommentierte der Univention-Geschäftsführer.

Wenn Kunden sich erst einmal darauf einlassen, die Univention-Lösungen im praktischen Einsatz zu testen, falle in der Regel auch die Entscheidung zur dauerhaften Nutzung der Produkte. So sei im Zuge der kontinuierlichen Weiterentwicklung und Verbesserung des UCS in den vergangenen Jahren auch die Zahl der "abwandernden" Kunden immer weiter zurückgegangen. "90 Prozent der UCS-Anwender verlängern ihre Supportverträge", verkündete Ganten.

Für diese positive Entwicklung mussten die mittlerweile 30 Univention-Mitarbeiter allerdings auch hart arbeiten. Denn in der Vergangenheit gab es immer wieder verschiedene Probleme, die sich auch auf das Partnergeschäft auswirkten, wie Dr. Kai-Oliver Detken, Geschäftsführer der Decoit GmbH, verriet. Der Chef des langjährigen Univention-Partners monierte beispielsweise den bisweilen schleppenden Informationstransfer in der Kommunikation zwischen Hersteller und Channel-Partnern. So sei es vorgekommen, dass Decoit erst von Kunden auf Software-Fehler aufmerksam gemacht worden sei, die Univention bereits länger bekannt waren. Aber auch beim Zusammenspiel von UCS mit Drittanwendungen wie etwa Groupware habe Decoit öfter mit Anpassungshürden beispielsweise wegen fehlerträchtiger Konnektoren zu kämpfen gehabt.

Während Detken dennoch generell die Zusammenarbeit mit Univention lobte, räumte er auch ein, die meisten Probleme hätten sich mittlerweile erübrigt. Decoit pflege einen guten und engen persönlichen Kontakt mit den Univention-Mitarbeitern – auch der Support reagiere stets zügig und zufriedenstellend. Um speziell auch den Anforderungen seiner Partner besser gerecht werden zu können, hatte Univention in den vergangenen Jahren einerseits in den Ausbau von notwendigen Ressourcen investiert und sich auf der anderen Seite immer stärker auf die eigentlichen Kernprodukte rund um UCS konzentriert. Aus der Entwicklung von Groupware beispielsweise will sich das Unternehmen künftig vollständig zurückziehen und die Kooperationen mit Anbietern wie Scalix, Zarafa oder OpenXchange vertiefen. (map)