Geschäftsgeheimnisse für SLS-Rakete geklaut: Boeing verklagt

Wilson Aerospace verklagt Boeing wegen des Diebstahls geistigen Eigentums. Es geht um ein wichtiges Werkzeug, das zur Montage der SLS-Rakete verwendet wurde.

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Artemis-1 Mondrakete SLS mit Orion-Kapsel bei Sonnenaufgang

Eine SLS-Rakete mit dem Orion-Raumschiff vor dem Start.

(Bild: NASA)

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Das im US-amerikanischen Colorado ansässige Unternehmen Wilson Aerospace hat den Luftfahrtkonzern Boeing verklagt. Boeing wird vorgeworfen, das geistige Eigentum von Wilson Aerospace gestohlen und für den Bau der SLS-Schwerlastrakete der US-Raumfahrtbehörde NASA verwendet zu haben, berichtet Reuters am Mittwoch.

Konkret geht es um ein Werkzeug, dem sogenannten Fluid Fitting Torque Device-3, ein Drehmomentgerät, das zur Befestigung der vier Haupttriebwerke der SLS-Rakete benötigt wird. Boeing soll sich der Klage nach, die vor dem Bezirksgericht Seattle eingereicht wurde (Wilson Aerospace LLC gegen Boeing Co, U.S. District Court, Western District of Washington, Nr. 23-00847), 2014 an Wilson Aerospace gewandt haben, um sich das Spezialwerkzeug anzusehen. Es ermöglicht den Anzug von Muttern mit hohem Drehmoment auf sehr engem Raum, sodass eine präzise Installation vorgenommen werden kann.

Bei der Präsentation des Drehmomentgeräts konnten Teilnehmer das Tool begutachten und bedienen. Wie sich jedoch im Nachhinein herausgestellt hat, waren nicht nur Mitarbeiter von Boeing bei der Begutachtung und Leistungsüberprüfung des Gerätes dabei, sondern auch sieben Mitarbeiter des direkten Konkurrenten von Wilson Aerospace, wie Ars Technica berichtet. Davon wusste David Wilson, Präsident von Wilson Aerospace, nach eigenen Angaben nichts, weil Boeing es ihm verschwiegen hatte.

"Boeing verheimlichte diese Tatsachen vor Wilson als Teil seines Plans, Wilson zu betrügen und Wilsons geistiges Eigentum an seine direkten Konkurrenten weiterzugeben", heißt es in der Klage. Die auf der Präsentation gesammelten Informationen sowie geschützte Zeichnungen und Entwürfe seien dazu verwendet worden, ein preisgünstigeres Drehmomentgerät zusammen mit Wilsons Konkurrenten zu entwickeln.

Boeing habe das Gerät dann eingesetzt, um die RS-25-Triebwerke der SLS-Rakete präzise mit der großen Kernstufe mit ihrem Treibstoff- und Oxidationstanks zu befestigen. Dies habe auf engstem Raum erfolgen müssen und sei nur durch den Einsatz des speziellen Drehmomentwerkzeugs sicher möglich gewesen. Der Bau der Rakete hätte ohne das Gerät nicht erfolgen können, weil die bei Boeing vorhandenen Werkzeuge nicht die von der NASA geforderte Präzision für das SLS-Programm erfüllt haben. Das habe nach Meinung Wilsons eine "existenzielle Bedrohung für das gesamte SLS-Projekt" dargestellt. Die mehrfachen Probleme und Lecks während der Betankungsversuche der SLS seien zunächst auf "minderwertige, nicht aufeinander abgestimmte Werkzeuge" zurückzuführen gewesen.

Boeing dementiert diese Darstellung als ungenau und unvollständig. Der Konzern wolle sich "energisch dagegen wehren".

Die Klageschrift enthält weitere Anschuldigungen gegen Boeing. Das Luftfahrtunternehmen versuche demnach immer wieder, geistiges Eigentum von kleineren Zulieferfirmen zu stehlen und sich danach hinter dem Vorwand der Zusammenarbeit mit der NASA und dem US-Verteidigungsministerium zu verstecken.

Der erfolgreiche Start der Riesenrakete SLS und der Mondmission Artemis-1 (18 Bilder)

(Bild: NASA/Bill Ingalls)

Wilson Aerospace fordert Schadenersatz wegen des Klaus geistigen Eigentums. "Boeing hat durch die Verletzung von Wilsons Geschäftsgeheimnissen Einnahmen in Milliardenhöhe erzielt und muss alle Einnahmen und Gewinne, die Boeing dadurch erzielt hat, herausgeben", heißt es in der Klageschrift. Zudem will Wilson Aerospace aufdecken, dass die Lecks bei der Betankung zunächst durch minderwertiges Werkzeug verursacht worden waren. Das Unternehmen fordert, dass die Sache in einem Schwurgerichtsverfahren behandelt wird, um eine Abschreckungswirkung zu erzielen, damit sich derartige Vorfälle nicht wiederholen.

Im November 2022 war die SLS-Rakete zusammen mit dem Orion-Raumschiff gestartet und in die Erdumlaufbahn gebracht worden. Die SLS-Schwerlastrakete ist Teil des Artemis-Programms der NASA, mit dem Menschen erneut zum Mond gebracht werden sollen.

(olb)