Geschäftsmodell von Perlentaucher erneut vor Gericht [Update]

In Frankfurt wurde heute der Streit zwischen Zeitungsverlagen und perlentaucher.de fortgesetzt. Perlentaucher referiert jeden Werktag die Feuilleton-Teile der größeren überregionalen deutschsprachigen Tageszeitungen und stellt sie auf seine Webseite.

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Von
  • Mathias Schindler

Im Rechtsstreit zwischen Süddeutscher und Frankfurter Allgemeinen Zeitung gegen Perlentaucher zeichnet sich ein Etappensieg der Zeitungsverlage ab. In der heutigen neunzigminütigen Verhandlung sandten die drei Richter des 11. Zivilsenats des OLG Frankfurt deutliche Zeichen aus, dem Urteil des Landgerichts vom November 2006 in dieser Form nicht folgen zu wollen. Dieses hatte die Klage der Zeitungen noch abgewiesen, Perlentaucher die Lizenzierung des Abstract-Dienstes "Heute in den Feuilletons" an andere Firmen zu untersagen. Jeden Werktag referiert Perlentaucher die Feuilleton-Teile der größeren überregionalen deutschsprachigen Tageszeitungen und stellt diese auf seine Webseite. Lizenznehmer dieser Texte sind beispielsweise buecher.de und Amazon.de. Die Webseite wurde 2003 mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet.

Fußte die Argumentation der Klage auf urheber-, marken- und wettbewerbsrechtlichen Gründen, setzten die Richter bei ihrer Beurteilung Schwerpunkte vor allem bei der Frage, ob es sich bei den Perlentaucher-Texten um eine freie oder unfreie Bearbeitung nach Paragraf 23 und 24 Urheberrechtsgesetz handele. Nach Hinweisen der Richter formulierte die Klägerseite einen Hilfsantrag, der sich am Ende nur noch auf die Untersagung der Lizenzierung von Texten bezog, "die den Inhalt durch Übernahme von Originaltextstellen, die lediglich durch Füllwörter beziehungsweise Satzteile verbunden aneinandergereiht werden, wiedergeben".

Die eigentliche Veröffentlichung der Abstracts auf perlentaucher.de wird durch die Klageschrift nicht beanstandet – obgleich man bei der Süddeutschen das Angebot als solches kritisch sehe, so ein Verlagssprecher. Verlage besäßen im Falle eines Sieges einen sicheren Hebel, die Verbreitung der Rezenzionsnotizen auch auf perlentaucher.de mit der gleichen Argumentation untersagen zu lassen. Ein von den Richtern unterbreiteter Vergleichsvorschlag, Perlentaucher solle bei der Erstellung der Abstracs auf direkte Wortübernahmen verzichten – und wäre damit aus Sicht des OLG rechtlich auf der sicheren Seite –, wurde von Klägerseite abgelehnt.

Neben dem juristischen Schlagabtausch lieferten sich beide Seiten in den letzten Monaten auch publizistisch kleinere Scharmützel. Ohne auf die Klage direkt einzugehen, griff ein Artikel der FAZ vom 28. Juni 2007 das Geschäftsmodell des Perlentauchers an. Die Retourkutsche erfolgte prompt durch den Hinweis auf die Verbreitung von Texten durch FAZ und Genios ohne entsprechende Rechte.

Gleichsam wird auch bei der Urteilsverkündung am 13. November noch keine endgültige Entscheidung fallen; die Richter kündigten bereits an, die Revision zum Bundesgerichtshof zuzulassen, die dann den Prozessparteien offenstünde.

[Update]

Perlentaucher weist darauf hin, dass man keine Abstracts aus der Rubrik "Heute in den Feuilletons" an Internetbuchhändler lizensiere, sondern Notizen zu den Buchkritiken der Zeitungen.

(Mathias Schindler) / (pmz)