Gesichtserkennung: Ukraine setzt Clearview AI zur Identifizierung Gefallener ein

Laut Vizepremier Fedorov will die Ukraine mit der Gesichtserkennungssoftware der umstrittenen US-Firma Clearview AI getötete russische Soldaten identifizieren.

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(Bild: metamorworks/Shutterstock.com)

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Die Ukraine verwendet nach eigenen Angaben die Gesichtserkennungssoftware der umstrittenen US-Firma Clearview AI, um russische Soldaten zu identifizieren, die im Ukrainekrieg gefallen sind. Die Ukraine wolle dann die betroffenen Familien über den Tod ihrer Angehörigen informieren, sagte der Vizepremierminister und Minister für die digitale Transformation, Mykhailo Fedorov, gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.

Demnach hat das ukrainische Verteidigungsministerium im März begonnen, die Gesichtserkennungssoftware einzusetzen. Mit der KI von Clearview wolle man die Social-Media-Konten der verstorbenen Soldaten finden, führte Fedorov gegenüber Reuters weiter aus. Wie viele Leichen mit der KI bereits identifiziert wurden, gab er nicht an. Ein Kreml-Sprecher sagte, die russische Regierung habe keine Kenntnis von diesen Vorgängen.

Das ukrainische Innenministerium unterhält dem Bericht zufolge einen Telegramkanal "Look for your own", auf dem Bilder von nicht identifizierten gefangenen oder getöteten russischen Soldaten veröffentlicht werden, damit Verwandte sich melden können. Nach Angaben des ukrainischen Militärs sind seit dem 24. Februar etwa 15.000 russische Soldaten getötet worden.

Pathologen der US-Armee erklärten gegenüber Reuters, dass die automatische Gesichtserkennung derzeit noch keine akzeptierte Methode sei, um Leichen zu identifizieren. "Trübe Augen und verletzte, ausdruckslose Gesichter" würden die Gesichtserkennung bei Verstorbenen unzuverlässig machen, erklärte der Leiter der Abteilung für forensische Medizin an der Monash University in Melbourne, Richard Bassed.

Clearview habe seinen Dienst der Ukraine nach der russischen Invasion kostenlos angeboten. Inzwischen soll die Datenbank über 2 Milliarden Bilder von VKontakte enthalten, einem beliebten russischen Social-Media-Dienst. Die ukrainische Regierung, die russische Regierung und VKontakte wollten Einzelheiten nicht gegenüber Reuters bestätigen.

In den USA läuft zur Zeit eine Sammelklage von Verbrauchern gegen Clearview AI vor dem US-Bundesgericht in Chicago. Dabei geht es darum, ob das Sammeln von Bildern aus dem Internet gegen das Datenschutzrecht verstößt. Trotz gegen Clearview eingeleiteter rechtlichen Schritte und internationaler Kritik expandiert das Unternehmen massiv. Clearview will seine Datenbank mit 100 Milliarden Gesichtsbildern füllen. Damit könnte fast jeder Mensch auf der Welt identifizierbar werden.

(mack)