Geteiltes Echo auf US-Richtlinien zur Netzneutralität

Der neue Rechtsrahmen der Federal Communications Commission (FCC), der sich die Bewahrung des offenen Internets zum Ziel gesetzt hat, stellt kaum jemanden wirklich zufrieden. Von vielen Seiten hagelt es Kritik.

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Der von der US-Regulierungsbehörde Federal Communications Commission (FCC) am Mittwoch verabschiedete neue Rechtsrahmen zur Netzneutralität stellt kaum jemanden wirklich zufrieden. Bürgerrechtsorganisationen halten die Regeln für zu schwach. Sie fürchten, dass die bislang nur unscharf umrissenen Vorgaben (DOC-Datei) einem Zweiklassennetz den Weg ebnen. Die oppositionellen Republikaner warnen dagegen davor, der Regulierung behindere notwendige Investitionen in Netzinfrastrukturen.

Verhaltene Zustimmung zu der umkämpften Initiative, die im Kern eine "unangemessene Unterscheidung" zwischen Datenpaketen beim Transfer "rechtmäßigen" Netzverkehrs sowie das Sperren einzelner legitimer Dienste und Anwendungen untersagt, kommt von der Telekommunikationsanbietern und Kabelnetzbetreibern. Der große US-Provider Verizon gab aber zu bedenken, dass die Anordnung ausgedehnte Befugnisse für die Regulierung von Breitbandangeboten sowie des Internets insgesamt umfasse und auf einem dünnen rechtlichen Fundament stehe.

Kabelanbieter wie Comcast und Time Warner sprachen jedoch davon, dass die FCC eine "ausbalancierte Regelung" erreicht habe, "mit der man arbeiten kann". Im gleichen Tenor betonte AT&T, dass der Kompromiss die größten Unterschiede auszugleichen suche. Medienmogul Barry Diller erklärte, dass der Regulierer das Bestmögliche erreicht habe. Die neue Straßenverkehrsordnung fürs Netz könne "das schlechte Verhalten" einiger Akteure zum größten Teil abwehren.

Auch Apple-Mitgründer Steve Wozniak, der bei der gestrigen FCC-Sitzung selbst dabei war, begrüßte den Vorstoß als "guten ersten Schritt", auch wenn dieser zunächst mildere Auflagen für den breitbandigen Mobilfunk vorsähe und die Blockade von Apps nicht in jedem Fall verhindere. Zuvor hatte der Computerpionier zu bedenken gegeben, dass der Markt im Telekommunikationsbereich in den USA weitgehend versagt habe und sich für einen staatlichen Aufbau elementarer Infrastrukturen wie der Breitbandnetze ausgesprochen.

Der Beifall aus der Wirtschaft ist zivilgesellschaftlichen Organisationen aber gerade ein Dorn im Auge. Den Grund für die Zustimmung der Branche sieht etwa Andrew Schwartzmann vom Media Access Project in den vielen Möglichkeiten, die neuen Regeln zu umgehen. Die FCC habe die Profite von Konzernen wie AT&T über die Bedürfnisse der Allgemeinheit, von Internetunternehmern und lokalen Gewerbetreibenden gestellt, kritisiert Sascha Meinrath von der Denkfabrik New America Foundation. Die American Civil Liberties Union (ACLU) monierte, dass die Meinungsfreiheit und die Offenheit des Internets für alle Nutzer in Gefahr seien. "Reporter ohne Grenzen" bezeichnete das neuen Leitsätze als "inneffektiv".

US-Präsident Barack Obama gratulierte dagegen der Regulierungsbehörde. Die Regierung werde nun beobachten, ob Innovationen weiter aufblühen könnten, Verbraucher vor Missbrauch geschützt würden und der "demokratische Geist des Internets intakt" bleibe. Im neugewählten US-Kongress, in dem Obamas Demokraten die Mehrheit im Repräsentantenhaus verloren haben, formiert sich allerdings schon Widerstand: Der künftige Vorsitzende des Kommunikationsunterausschusses, der Republikaner Greg Walden, kündigte an, dass der Gesetzgeber alle erdenklichen Anstrengungen unternehmen werde, um das Votum des Regulierers rückgängig zu machen. Die Behörde habe ihre Befugnisse weit überschritten und müsse mit aller Macht wieder an ihre Grenzen erinnert werden. (vbr)