Gewerkschaftsstreit: Tesla ließ Social-Media-Kanäle von Mitarbeitern überwachen

Tesla soll eine Firma beauftragt haben, eine Facebook-Gruppe und andere Netzwerke von Beschäftigten zu beobachten, die eine Gewerkschaft gründen wollten.

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(Bild: metamorworks/Shutterstock.com)

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2017 und 2018 heuerte Tesla die PR-Agentur MikeWorldWide (MWW PR) an, um Social-Media-Aktivitäten von Mitarbeitern einer Fabrik des E-Automobilherstellers von Elon Musk im kalifornischen Fremont auszuspionieren. Das war genau zu der Zeit, als Angestellte vor Ort eine Gewerkschaft gründen wollten. Dies berichtet der US-Sender CNBC unter Berufung auf von ihm eingesehene Rechnungen und andere Dokumente sowie Hinweise aus anonymen Quellen.

Laut dem Bericht hatte MWW PR den Auftrag, eine spezielle Facebook-Gruppe der betroffenen Beschäftigten sowie deren Treiben auf sozialen Netzwerken im Allgemeinen zu beobachten und auszuwerten. Die externen Experten sollten demnach insbesondere Diskussionen über angebliche unfaire Arbeitspraktiken bei Tesla und über eine Klage wegen sexueller Belästigung im Auge behalten. Der E-Autobauer habe auch dafür gezahlt, auf Basis der Erkundungen Pläne für die Kommunikation mit den Beschäftigten, Medienlisten und weitere Vorschläge zum Umgang mit den Organisatoren zu erhalten.

Der damalige globale Kommunikationsdirektor von Tesla, Dave Arnold, war früher auch in führender Position bei MWW tätig. Ein Sprecher der PR-Firma erklärte gegenüber CNBC, dass Tesla "im Rahmen einer umfassenden Mitarbeiterkommunikation in einer Phase des schnellen Wachstums des Unternehmens beraten" habe. Es sei gängige Praxis, "die Medienberichterstattung und die öffentliche soziale Konversation" über einen Konzern zu überprüfen, "um Einblicke in Themen und Wahrnehmungen von Interessengruppen über die Marke zu gewinnen". Arnold und Tesla wollten sich zu dem Fall nicht äußern.

Der kalifornische Rechtsprofessor John Villasenor erläuterte dem Sender, es gebe prinzipiell berechtigte Gründe, dass Unternehmen ein Auge darauf hätten, was ihre Mitarbeiter online publizierten. Es existierten aber auch klare ethische Grenzen, die nicht überschritten werden sollten, wenn es um den Zugriff auf die Profile und Beiträge von Beschäftigten in sozialen Netzwerken geht. Die Social-Media-Forscherin Jennifer Grygiel ergänzte, in den USA gälten Gesetze, die das Recht schützen, sich zu organisieren.

Drei Mitarbeiter, die 2018 bei Tesla in Fremont angestellt waren, berichteten von Warnungen von Kollegen, sich nicht mit ihren Chefs in sozialen Netzwerken zu vernetzten oder Tesla-Mitarbeitergruppen beizutreten, wenn sie nicht jede einzelne Person in der Gruppe kannten. Laut den aktuellen Kommunikationsrichtlinien von Tesla, die CNBC nach eigenen Angaben vorliegen, sollen Manager im Prinzip nicht auf Kanäle von Angestellten in sozialen Netzwerken zugreifen. Ausnahmsweise sei dies aber angebracht, wenn es einen "eindeutigen geschäftlichen Grund" dafür gebe. Beschäftigten werde davon abgeraten, sich online zu Arbeitsfragen zu äußern.

Tesla und Musk führen seit Jahren eine Fehde mit Gewerkschaftsbefürwortern. Der Konzerngründer kritisierte bereits viele Mandatsträger der Demokraten inklusive Präsident Joe Biden für ihre gewerkschaftsfreundlichen Ansichten. Er kündigte an, deswegen die Republikaner zu wählen. In den Tesla-Fabriken in Texas und Kalifornien haben bislang keine Betriebsratswahlen stattgefunden. Für das hiesige Werk in Grünheide forderte die IG Metall im Februar eine solche. Die enthüllte Vorgehensweise wirft auch ein allgemeines Licht auf den Umgang Musks, der Twitter für zig Milliarden US-Dollar in einem umstrittenen Deal kaufen will, mit sozialen Medien.

(bme)