GigaNet diskutiert Object Naming System und Netzneutralität

Der französische Wissenschaftler Bernard Benhamou warnte davor, dass die einseitige Aufsicht von zentralen Datenbanken in einem Land untragbar wird, wenn sich außer Rechnern zunehmend Dinge und auch Personen über das Internet adressieren lassen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 12 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Monika Ermert

Sobald sich außer Rechnern immer mehr Dinge und auch Personen über das Internet adressieren lassen, wird eine einseitige Aufsicht der entsprechenden zentralen Datenbanken in einem Land untragbar, warnte der französische Wissenschaftler Bernard Benhamou, Dozent an der Fondation National de Sciences Politiques, bei der ersten Konferenz des Wissenschaftlernetzes GigaNet am Rande des Internet Governance Forum (IGF). "Bald werden wir das sogenannte 'Internet der Dinge' haben", ist sich Benhamou sicher. "Nach dem aktuellen System hätte ein Land nicht nur die Kontrolle über die Domains, sondern auch über alle anderen digitalen Objekte."

"Das Object Naming System basiert auf dem Domain Name System", führte Benhamou weiter aus. Bleibe der Status quo der DNS-Aufsicht erhalten, erhalte die US-Regierung auch über das ONS eine Aufsichtsrolle. "Da wir davon ausgehen müssen, dass künftig Autos, Karten für den öffentlichen Nahverkehr oder auch Karten mit persönlichen Daten adressierbar werden, sind die Konsequenzen für den Datenschutz nicht nur neu und anders, sie sind radikal neu und anders," warnte Benhamou. Der Betrieb der ersten großen Datenbank für per RFID-Tags gekennzeichnete Objekte liegt nach der Vergabe durch das EPC Global Konsortiums an VeriSign bei der größten US-Registry. Benhamou sagte, die Entwicklung mache das Aushandeln einer gemeinschaftlichen Aufsicht über das DNS noch wichtiger. Das IGF wollte die Frage, wer kontrolliert das Netz, indes nicht zum Top-Thema machen.

Ein zentrales Zukunftsthema, dem sich das IGF laut Benhamou ebenfalls dringend widmen müsse, sei das Thema Netzneutralität. Es gelte das durch das Internet etablierte Ende-zu-Ende-Prinzip zu erhalten. "Denn nur das eröffnet auch kleinen Unternehmen und Einzelpersonen den Zugang zu einem weltweiten Markt. Darum geht es bei Netzneutralität." Benhamou, der in einem ausführlichen Papier davor warnt, dass das Netz zu einem Broadcast-Medium werden könnte, sagte, die Offenheit des Netzes müsste der erste Artikel eines "Internet-Grundgesetzes" sein, sollte so etwas bei der IGF entstehen. Zu Überlegungen eines "Internet Bill of Rights" wird am Mittwoch in Athen auf Initiative italienischer NGOs und der italienischen Regierung diskutiert.

Europa habe sich auch offiziell zum Ende-zu-Ende-Prinzip bekannt, verdeutlicht Benhamou. Dies gelte es auch umzusetzen, etwa in der Art, wie es das niederländische Parlament getan hat. In einer Resolution forderten die Politiker die Regierung auf, innerhalb eines Jahres den "offenen und nicht-diskriminierenden Zugang zu allen Netzen für alle Diensteanbieter" im Telekommunikationsgesetz festzuschreiben. Den Wettbewerb auf einen Wettbewerb zwischen den verschiedenen Infrastrukturen zu beschränken, mache wohl keinen Sinn mehr, sagte ein offizieller niederländischer Vertreter. Bald gebe es ohnehin nur noch ein einziges Netz.

GigaNet-Organisator und Telepolis-Autor Wolfgang Kleinwächter sagte, möglicherweise würden neue technische Entwicklungen wie das Object Naming System, die Konzentration auf dem Suchmaschinenmarkt oder Netzneutraltität die alten Streitfragen um das DNS in den Hintergrund treten lassen. Mit GigaNet sollen künftig verstärkt internetbezogene Forschungsfragen angegangen werden. Bereits im Februar soll es einen weiteren Call for Papers geben. (Monika Ermert) / (pmz)