Glasfaserausbau: Wachstum vor allem im Straßenland

Schleswig-Holstein hat die Nase vorn: Der Breitbandverband Breko präsentiert aktuelle Zahlen zur Entwicklung des Glasfaser-Ausbaus.

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(Bild: SHARKstock/Shutterstock.com)

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Deutschland findet nur allmählich den Glasfaseranschluss. Das zeigen Zahlen zur Entwicklung des Breitbandmarktes, die der Bundesverband Breitbandkommunikation Breko am Mittwochvormittag vorgestellt hat. Zum von der Koalition ausgegebenen Ziel, dass bis Ende 2025 die Hälfte der Haushalte mit Glasfaser anschließbar sein müssten, klafft noch eine deutliche Lücke.

"Ein Drittel aller Haushalte und Unternehmen kann einen Glasfaseranschluss bestellen", sagt Norbert Westfal, Präsident des Bundesverbandes Breitbandkommunikation (Breko), der etwa 240 Netzbetreiber in Deutschland vertritt. 35,6 Prozent der Gebäude in Deutschland sind den Betreibern zufolge mittlerweile theoretisch per Glasfaser anschließbar. Zu Ende des Vorjahres hatte diese Quote noch bei 30,7 Prozent gelegen, vor Jahresfrist bei 26,4 Prozent. Das Ziel der Bundesregierung von 50 Prozent bis 2025 könnte je nach Rahmenbedingungen erreicht oder knapp verfehlt werden, sagt Westfal. "Wir prognostizieren eine Quote von 46 bis 60 Prozent."

Spitzenreiter bei der Glasfaserverfügbarkeit bleibt mit nunmehr 82 Prozent das Bundesland Schleswig-Holstein, das bereits in den vergangenen Jahren die Ausbaustatistiken anführte. Deutlich zugelegt hat Brandenburg, wo inzwischen 54 Prozent "Homes passed" erreicht sein soll. Schlusslichter unter den Bundesländern bleiben Berlin (19 Prozent) und Baden-Württemberg (23 Prozent).

Doch "Homes Passed" beschreibt nur die theoretische Verfügbarkeit, nicht die reale Nutzung durch Endkunden. Die wird mit dem Status Homes Connected beschrieben – und hier fällt die Zahl deutlich geringer aus. Der Breko selbst nennt das Wachstum bei "Homes Connected" nur moderat, gerade einmal 300.000 Anschlüsse sind hier hinzugekommen, 400.000 Glasfaser-Anschlüsse wurden von Mitte 2022 bis Mitte 2023 zusätzlich in Betrieb genommen – auf mittlerweile 4,4 Millionen von den theoretisch verfügbaren 8,9 Millionen Anschlüssen.

Damit verbessert sich zwar rechnerisch die sogenannte Take-Up-Rate, also das Verhältnis der gebuchten zu den verfügbaren Anschlüssen – doch der tatsächliche Gebäudeanschluss hält mit dem Verlegen der Glasfaser in der Fläche nicht Schritt. Insbesondere die Wohnungswirtschaft spielt hier eine große Rolle: über den Anschluss entscheiden nicht die Mieter, sondern die Eigentümer von Gebäuden. "In die Wohnungswirtschaft kommt viel Bewegung", sagt Breko-Präsident Westfal – insbesondere in Regionen, in denen bislang Koaxialkabel auch für die Datenübertragung genutzt worden seien.

Mit der gesetzlichen Einführung eines von den Mietern zu zahlenden Glasfaserbereitstellungsentgeltes für die Inhouse-Verkabelung hofft der Verband darauf, dass die Glasfaser künftig nicht nur im Straßenland liegt, sondern auch bei fremd genutztem Eigentum bei den Nutzern selbst verfügbar wird.

Die Zahlen der Netzbetreiber zeigen zudem einige Details zum Stand der Nutzung. Zwei Millionen Kunden würden laut Betreibern bereits 1 Gigabit pro Sekunde als Anschlussgeschwindigkeit nutzen. Das entspricht 5 Prozent aller Nutzer – und damit sind die Spitzengeschwindigkeits-Nutzer etwa genauso viele wie jene, die nur einen Anschluss mit weniger als 10 Megabit nutzen. 40 Prozent der Anschlüsse sind mit mindestens 100 Mbit pro Sekunde im Downstream gebucht. Sowohl für Privatkunden als auch Geschäftskunden erwarten die Betreiber dabei für die Zukunft eine stärkere Verbreitung symmetrischer Anschlüsse: bis 2028 sollen sich Up- und Downstream-Raten weitgehend angleichen, so die Erwartung.

Das durchschnittliche Datenvolumen im Festnetz wächst laut der Marktanalyse nach den Coronajahren wieder etwas langsamer – von 2019 bis 2022 hat es sich jedoch von 142 Gigabyte pro Monat und Anschluss auf nunmehr 305 Gigabyte mehr als verdoppelt. Im Mobilfunk stiegen die Datenvolumina im gleichen Zeitraum von 2,1 auf 5,3 Gigabyte pro Monat, ein noch größerer Anstieg. Nur etwa 6 Prozent der deutschen Haushalte würden über keinen Festnetzanschluss verfügen, im internationalen Vergleich eine geringe Quote.

Damit das formulierte Ziel der Bundesregierung doch noch erreicht werden könne, brauche es aber die richtigen Rahmenbedingungen, sagt Breko-Präsident Norbert Westfal. Die seien zum einen neben der lange umstrittenen DIN-Norm für mindertiefe Verlegetechniken, die jetzt existiert, auch die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren. Im am Montag veröffentlichten Gesetzesentwurf zum Netzausbaubeschleunigungsgesetz wird der Ausbau der Glasfaserinfrastruktur als "öffentliches Interesse" eingestuft – sehr zur Freude der Unternehmen. Damit könnten Planungsverfahren beschleunigt werden und notwendige Prüfungen verringert.

Außerdem, lautet die Forderung des Verbandes, müsse sich der Gesetzgeber klar für Open Access aussprechen – also die Mitnutzung bereits vorhandener Glasfaserinfrastruktur durch andere Anbieter. Zugleich warnt der Verband vor einem Wegschauen der Politik beim branchenintern heiß diskutierten Thema Doppelausbau: In 223 Kommunen sei es zu entsprechenden Problemen gekommen. Dabei habe es bereits oftmals gereicht, dass ein zweiter Anbieter einen Ausbau angekündigt hat, um andere Anbieter vom Markt zu drängen. Nur in 30 Prozent sei ein tatsächlicher Doppelausbau erfolgt. Damit meinen die im Breko organisierten Unternehmen vor allem einen Mitbewerber: die Deutsche Telekom.

Auch eine zu großzügige Förderung des Glasfaserausbaus durch Bund und Länder sieht der Verband kritisch: Abgesehen von Mecklenburg-Vorpommern würden alle Bundesländer zu mindestens 80 Prozent privatwirtschaftlich ausgebaut werden können. Staatliche Förderprojekte würden dabei den Ausbau nicht automatisch beschleunigen, sondern mit ihrer Komplexität teils sogar verlangsamen. Von den insgesamt seit 2015 für den Breitbandausbau zur Verfügung stehenden 17 Milliarden Euro sind erst 3,5 Milliarden Euro tatsächlich ausgezahlt worden, 6,1 Milliarden endgültig und 13 Milliarden Euro vorläufig bewilligt worden.

Für die Bundesregierung gab es zur Halbzeit der Ampel und dem einjährigen Bestehen von Digital- und Gigabitstrategie daher heute Lob aus der Lobby: Er habe viele Vorgängerregierungen erlebt, sagte Breko-Geschäftsführer Stephan Albers. Für den Bereich der Gigabitstrategie und damit das BMDV könnte er sagen: "Wir werden hier sehr ernst genommen."

Update

Korrekturen: Vergleichswerte bei Anschlüssen im zweiten Absatz präzisiert (Vorjahresende, Jahresfrist). Westfal sprach von "46 bis 60" Prozent, nicht "46 bis 48". Vierter Absatz: "Homes passed" und "Homes connected" sind nicht gleichzusetzen mit FTTC und FTTB, entsprechende Hinweise in Klammern wurden gelöscht. Zwischenüberschrift: "Symmetrisch" statt "synchron".

(mki)