Globale Email-Steuer?

Die UN distanziert sich von einem umstrittenen Vorschlag im kürzlich veröffentlichten Human Development Report 1999.

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Von
  • Florian Rötzer

Die UN distanziert sich von einem umstrittenen Vorschlag im kürzlich veröffentlichten Human Development Report 1999.

Es sind nur ein paar Zeilen im Human Development Report 1999 der UNDP, die bereits zu einer heftigen Diskussion geführt haben (siehe Ungleichheiten auf der Welt sind grotesk). Der Bericht stellt fest, daß es eine gewaltige Kluft zwischen jenen gibt, die Zugang zum Internet haben, und jenen, die meist in armen Ländern leben und keine Chance haben, von den Potentialen des Internet zu profitieren. Und er sagt, daß die Gefahr bestehe, daß das Internet möglicherweise die Ungleichheit weiter verstärken könne: "Ein Vorschlag wäre eine 'Bitsteuer', eine sehr kleine Steuer, die abhängig von der Menge der im Internet verschickten Daten ist. Die Kosten für die Benutzer würden vernachlässigenswert sein: Wenn man 100 Emails täglich verschickt, die jeweils ein 10-Kilobyte Dokument enthalten, also eine große Email, dann würde dies zu einer Steuerabgabe von gerade einem Cent führen. Angesichts des Booms der Emails weltweit würde jedoch die Gesamtsumme beträchtlich sein. In Belgien alleine hätte eine solche Steuer 1998 10 Milliarden Dollar erbracht, auf globaler Ebene im Jahr 1996 70 Milliarden Dollar - mehr als die gesamte offizielle Entwicklungshilfe in diesem Jahr." Die vorgeschlagenen Steuereinnahmen sollten vor allem dazu dienen, unterentwickelten Ländern zu helfen, Zugänge zum Internet für die Menschen einzurichten, also die wachsende digitale Kluft zu schließen.

Natürlich ist klar, daß die UN keineswegs in der Lage ist, eine Steuer zu erheben. Kritiker sprangen jedoch gleich herbei und verdammten die Idee, weil sie nur eine neue Bürokratie entstehen lassen würde, während doch der freie Markt das viel besser und effektiver könne. Besonders hervorgetan hat sich der republikanische Mehrheitsführer im amerikanischen Kongreß, Dick Armey, der in einem Brief den Vorschlag weit von sich wies: "Jedes Mal, wenn man sich umdreht, scheint es eine weitere Behörde oder Bürokratie zu geben, die ihre gierigen Finger nach dem Internet für eine weitere Steuer streckt. Dieses Mal sind es die Vereinten Nationen."

Von der UNDP, die den Bericht veröffentlicht hat, wurde inzwischen jede Absicht, irgendeine globale Steuer zu befürworten, energisch abgelehnt: "Die UNDP hat nicht die Autorität, eine Steuer einzuführen, und auch keinen Wunsch, dies zu tun", sagte Normand Lauzon von der UNDP. In dem Bericht könne man überdies den Hinweis finden, daß die in diesem geäußerten Ansichten nicht notwendigerweise denen der UN entsprechen.

Mehr in Telepolis: Diskussion über einen Vorschlag. (fr)