Glücksspiel-Sperrverfügungen gegen "bösgläubige" Provider
Die mit der Glücksspielaufsicht für Nordrhein-Westfalen betraute Bezirksregierung Düsseldorf weist Bedenken gegen die erlassenen Sperrverfügungen gegen zwei Provider zurück. Die Zugangsanbieter seien "Störer" und damit in der Verantwortung.
Nach der parlamentarischen Debatte zu den derzeit außer Kraft gesetzten Sperrverfügungen gegen zwei Provider in Nordrhein- Westfalen hat das Innenministerium nun den Abgeordneten des Landtages den Text einer Sperranordnung vorgelegt. Die Bezirksregierung Düsseldorf argumentiert darin mit dem vergeblichen gerichtlichen Kampf gegen die Glücksspielanbieter und weist Bedenken wegen der hohen Kosten oder einer Verletzung des Fernmeldegeheimnisses zurück. Mit der Anordnung, die heise online vorliegt, wurden die Provider im August 2010 zu einer DNS-Sperre gegen zwei ausländische Glücksspiel-Angebote aufgefordert. Sowohl die Deutsche Telekom als auch Vodafone hatten rechtliche Schritte gegen die Maßnahme ergriffen und so die Vollstreckung bis heute verhindert.
Als die für Nordrhein-Westfalen zuständige Glücksspielaufsicht hatte die Bezirksregierung jahrelang gerichtlich gegen die Glücksspiel-Angebote gekämpft und damit unter anderem vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster Recht bekommen. Allerdings ohne Auswirkungen: Der in Gibraltar registrierte Wettanbieter bwin.com blieb online. Dass ein Unternehmenssprecher gegenüber heise online Konsequenzen für das Angebot ausgeschlossen hatte, brachte für die Bezirksregierung das Fass zum Überlaufen. Eine Vollstreckung der Urteile sei nicht zu erwarten, heißt es in dem Schreiben: "Damit rücken weitere potenzielle Störer in den Blickpunkt."
Dass die Provider in einem Schriftwechsel als Zugangsdienstleister die Haftung für die transportierten Inhalte ablehnten, konnte die Bezirksregierung ebenso wenig beeindrucken wie die veranschlagten Kosten von bis zu 10 Millionen Euro. Da die Aufsichtsbehörde die Provider von den illegalen Inhalten offiziell unterrichtet habe, gälten diese als "bösgläubige Zugangsanbieter" oder "Störer". Bedenken über die Verfassungsmäßigkeit des Glücksspielstaatsvertrags oder einer Verletzung des Fernmeldegeheimnisses wies die Bezirksregierung zurück.
Auch den Verweis der Auswirkungen auf andere Bundesländer ließ die Bezirksregierung nicht gelten. Die Deutsche Telekom argumentiert unter anderem, dass es ihr nicht möglich sei, eine DNS-Sperre alleine für Nutzer aus Nordrhein-Westfalen einzurichten. Wie Telekom-Sprecher Philipp Blank erklärt, wären von der Maßnahme auch Reseller betroffen, die DSL-Anschlüsse an Kunden vermarkten.
"Die Ordnungsverfügung ist insgesamt verhältnismäßig, weil sie geeignet, erforderlich und angemessen ist", lautet das Fazit der Bezirksregierung. "Dass über andere Zugänge die fraglichen Websites auch nach der DNS-Sperrung nach wie vor erreichbar sein werden, ist insoweit ohne Belang." Statt einer vollständigen Sperre werde den Providern nur eine Erschwerung des Zugangs auferlegt. Die Provider hätten auch die Möglichkeit, der Behörde andere Maßnahmen vozuschlagen, die weniger belastend seien.
Der juristische Streit um die Verfügungen wird wahrscheinlich ergebnislos enden – beide Seiten warten auf die Neufassung des Glücksspielstaatsvertrags. Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen möchte zwar an Websperren als ultima ratio festhalten, müsste sich aber bei dem grünen Koalitionspartner durchsetzen, der sie ablehnt. Auch andere Landtage haben sich gegen Websperren ausgesprochen. Inwieweit die Ministerpräsidenten dem Rechnung tragen, ist jedoch noch offen. (vbr)