Google Expeditions in Schulen: DatenschĂĽtzerin warnt vor virtueller Klassenfahrt
Brandenburgs Datenschutzbeauftragte Dagmar Hartge sorgt sich ĂĽber die Nutzung des Angebots "Google Expeditions" an Schulen, falls SchĂĽler eigene Smartphones nutzten. Auch VerbraucherschĂĽtzer sind skeptisch.
Sieben Brandenburger Schulen haben bereits das seit September offiziell erhältliche kostenlose Angebot "Google Expeditions" getestet, mit dem der US-Internetkonzern virtuelle Klassenfahrten etwa zum Mond oder an die Nordsee anbietet. Nun werden Bedenken gegen die Experimentierfreude der beteiligten Ausbildungsstätten laut. Die brandenburgische Datenschutzbeauftragte Dagmar Hartge hält den Einsatz solcher Programme für problematisch, "da die Schüler zur Nutzung eigener Smartphones angehalten werden“, wie sie gegenüber der Märkischen Allgemeinen Zeitung (MAZ) erklärte. Dies stelle ein Sicherheitsrisiko für die Schulen dar.
Die Grenzen zwischen privaten und schulischen Daten drohten damit zu verschwimmen, erläuterte Hartge. Würden personenbezogene Informationen mit privaten Endgeräten verarbeitet, müsse gewährleistet sein, dass die Daten nicht verlorengehen, an unberechtigte Dritte gelangen oder unzulässig erhoben, genutzt oder verarbeitet werden.
Bei ersten Probeläufen haben spezielle "Expeditionstrainer" von Google die benötigten Tablets, Smartphones und Cardboards dabei. Danach können die Schulen selbst entscheiden, ob und mit welchen Geräten die Virtual-Reallity-App im Unterricht weiter genutzt werden soll. Google versichere zwar, dass die Anwendung auf ein Smartphone mit "anonymisierten Benutzerdaten" heruntergeladen werden könne. Trotzdem räume sich die Android-App weitgehende Rechte ein und suche auch nach vorhandenen Nutzerkonten.
Ministerium sieht sich nicht beteiligt
Das Brandenburger Bildungsministerium sieht sich nicht involviert, da Schulen Lehrmittelfreiheit genössen und Regeln für den Einsatz privater Geräte auf Schulebene getroffen werden müssten. Der Landeselternrat will laut der MAZ bald über das von Hartge und anderen Datenschützern kritisierte Prinzip "Bring Your Own Device" (BYOD) diskutieren. Das digitale Angebot an Brandenburgs Schulen sei zwar "unterirdisch", meinte eine Sprecherin. Schulen dürften aber nicht allein darüber entscheiden, ob Schüler ihre eigenen Geräte mitbringen müssten.
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) zeigt sich ebenfalls skeptisch, was die zunehmenden Aktivitäten von US-amerikanischen Internetgrößen im Bildungssektor angeht. Computer- und Softwarespenden, Unterrichtsmaterialien zu Handy-Kosten, Datenschutz oder Urheberrecht – die Wirtschaft unterstütze Lehrer mit zahlreichen Angeboten, heißt es vom vzbv. Es sei zwar nötig, Kinder und Jugendliche in der Schule fit für die digitale Welt zu machen, "doch der Grat zwischen gesellschaftlichem Engagement und Werbung in der Schule ist schmal".
Der vzbv fordert daher, Unterrichtsmaterial unabhängig zu prüfen, damit sich Lehrer und Eltern im Dschungel der Angebote besser orientieren könnten. Ziel müsse es sein, "die Unabhängigkeit der Schulen und des Unterrichts von Werbung, Sponsoring oder politischer Einflussnahme zu wahren". Der Verband habe mit einem "Materialkompass" einen Anfang für ein solches Qualitätssiegel gemacht, das Projekt werde aber nur noch bis Ende des Jahres staatlich gefördert und stehe so vor dem Aus. (anw)