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Google Pixel 4 und Pixel 4 XL: Googles neue Smartphones mit Radar-Chip und Astro-Fotografie

Patrick Bellmer, Stefan Porteck
Google Pixel 4 und Pixel 4 XL: Mit Radar-Chip und Astro-Fotografie

(Bild: Stefan Porteck)

Google schickt das Pixel 4 und Pixel 4 XL ins Rennen – mit radarbasierter Gestensteuerung, neuem Belichtungsmodus für die Kamera und Offline-Spracherkennung.

Google hat die vierte Generation seiner Pixel-Smartphones vorgestellt. Das Pixel 4 kommt in zwei Größen: Das Standardmodell bietet ein 5,7 Zoll großes Display, beim Pixel 4 XL sind es 6,3 Zoll in der Diagonale. Eine Einkerbung (Notch) gibt es in beiden Fällen anders als beim Vorgänger nicht. Die wichtigsten Neuerungen sind der Astro-Modus der Kamera sowie die Motion Sense genannte Gestensteuerung, für die Google auf das Radarsystem Soli setzt.

Für Aufsehen dürfte aber die neue Kamera sorgen. Hier setzt Google erstmals eine Dual-Kamera: eine mit Weitwinkel (77 Grad) und 12 Megapixeln und eine Tele-Linse mit 16 Megapixeln bei einem Öffnungswinkel von 52 Grad sowie einem Spektral- und Flickersensor.

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Wie bei den bisherigen Pixel-Generationen liegt das Geheimnis der guten Fotos zum Großteil auch an der Kamera-App, die mittels KI entweder täuschend echte Bokeh-Effekte erzeugt oder mittels mehrfacher Langzeitbelichtungen im sogenannten Nachtmodus auch bei schwachem Umgebungslicht recht brillante und dabei rauscharme Fotos erzeugt.

Auch die vierte Generation gibt es in zwei Größen: Das Pixel 4 (rechts) bietet ein 5,7 Zoll großes Display, beim Pixel 4 XL sind es 6,3 Zoll.

Auch die vierte Generation gibt es in zwei Größen: Das Pixel 4 (rechts) bietet ein 5,7 Zoll großes Display, beim Pixel 4 XL sind es 6,3 Zoll.

(Bild: Stefan Porteck)

Beim Pixel 4 treibt Google den Nachtmodus nun auf die Spitze und ergänzt ihn um eine Astro-Modus, der ebenfalls mit Hilfe mehrerer Langzeitbelichtungen beeindruckende Fotos von nächtlichen Sternenhimmeln ermöglichen soll – zumindest die Fotos, die wir auf den Vorführgeräten im Rahmen der Präsentation vorfanden, scheinen das zu bestätigen.

Ein weiteres Feature hört auf den Namen Dual Exposure. Fotografiert man mit einem herkömmlichen Smartphone ins Gegenlicht, beispielsweise Personen vor einem Sonnenuntergang, musste man sich bislang entscheiden: Entweder setzte man die Belichtung auf die Personen, was dann meist zur Überbelichtung des Himmels führte. Wählte man stattdessen eine kurze Belichtungszeit, zeichneten sich die Personen nur als schwarze Silhouetten ab.

Dual Exposure erlaubt es hingegen, mit zwei virtuellen Schiebereglern in der Kamera-App die Belichtungszeit – also die Helligkeit – von Hintergrund und Hauptmotiv getrennt voneinander einzustellen, wodurch sehr ansehnliche HDR-Bilder entstehen.

Eine Pixel-4-exklusive Funktion ist die Motion Sense genannte Gestensteuerung [2], die den am oberen Ende des Gehäuses platzierten Radar-Chip Soli nutzt. Zum Einsatz kommt Motion Sense bei der Anwesenheitserkennung, beim Greifen nach dem Smartphone sowie bei Fingergesten.

So sorgt die Anwesenheitserkennung dafür, dass sich das Display unabhängig vom eingestellten Timeout nicht abschaltet, solange die Nutzer das Smartphone in der Hand halten. Liegt das Smartphone dagegen ungenutzt auf dem Tisch, schaltet sich das Display bereits automatisch ein, sobald man die Hand danach streckt um es zu greifen. Hierbei aktiviert sich auch bereits die Gesichtserkennung. In unserem Hands-On war das Pixel 4 praktisch sofort entsperrt, wenn wir es in die Hand nahmen.

Stefan Porteck

Der Radar-Chip sitzt oberhalt des Displays – neben verschiedenen weiteren Sensoren, die unter anderem für den Face-Unlock benötigt werden.

(Bild: Stefan Porteck)

Die Gesichtserkennung funktionierte bei fast jeder Geräteorientierung, wofür ein ganzes Sensoren-Array aus Kamera, Soli-Chip, Helligkeits- und Distanzsensor, zwei Infrarot-Kameras, einer Leuchte und einem Projektor, der Infrarot-Punkte auf das Gesicht des Users wirft, zum Einsatz kommen. Google scheint der Zuverlässigkeit und der Sicherheit des Face-Unlock so sehr zu trauen, dass die 4er-Pixel keinen Fingerabdrucksensor mehr haben. Die biometrischen Daten verbleiben laut Google im Smartphone und wandern zu keiner Zeit in die Cloud.

Zu Guter Letzt eignet sich der Soli-Chip für die Gestensteuerung, ohne das Smartphone berühren zu müssen. So konnten wir während der Präsentation der Telefone bei Spotify und Youtube Musik einen Song weiter springen, indem wir die Hand übers Telefon schwenkten. Hier offenbart sich eine Schwäche von Motion Sense: Apps müssen diese Art der Bedienung explizit unterstützen. Hinzu kommt eine regionale Einschränkung. Da der Soli-Chip im Frequenzbereich zwischen 57 und 64 GHz arbeitet, ist eine Zulassung der zuständigen Behörden notwendig. In Deutschland sowie einigen andere Ländern wurde diese erteilt, in vielen anderen bislang jedoch nicht.

Die KI wird auch dem Google Assistant zu einem Sprung nach vorne verhelfen: Auf der diesjährigen Google I/O hatte Google-Chef Sundar Pichai angekündigt, dass Fortschritte bei Deep Learning es ermöglichen, das rund 100 GByte umfassende KI-Modell auf ein halbes Gigabyte zu reduzieren, sodass es nun auf Telefone passt.

In der Praxis bedeutet das, dass der Google Assistant auf Pixel-4-Telefonen keine Internetverbindung für die Spracherkennung benötigt. Das bringt nicht nur mehr Datenschutz, sondern sorgt auch für eine merklich schnellere Reaktionszeit des digitalen Assistenten. Einfache Befehle, wie etwa das Starten einer gewünschten App, führte der Assistant bei unseren Tests quasi verzögerungsfrei aus.

Stefan Porteck

Viele der Software-Neuerungen wie den Astro-Kameramodus und die Offline-Spracherkennung will Google per Update auch an ältere Pixel-Smartphones verteilen.

(Bild: Stefan Porteck)

Zudem ermöglicht die Offline-Erkennung eine Funktion, die man als Suche in Audiodateien umschreiben könnte. Schon bei den ersten Leaks zum Pixel 4, kam die Frage auf, was es mit der vorinstallierten Audiorecorder-App auf sich hat. Des Rätsels Lösung: Der Rekorder transkribiert automatisch die Audioaufnahmen, sodass hinterher eine Volltextsuche bereitsteht, mit der man in der Wiedergabe an die gesuchte Stelle springen kann. Künftig soll der Rekorder sogar mehrere Sprecher unterscheiden können.

Doch leider hat die Sache einen Haken: Bislang steht der neue Assistant nebst seiner Offline-Spracherkennung nur für Englisch zur Verfügung. Das deutsche Sprachmodell wurde noch nicht eingedampft und auf die Handys verfrachtet. Das will Google aber im nächsten Jahr nachholen.

Apropos nachholen: Viele neue Software-Funktionen des Pixel 4 will Google auch auf ältere Modelle bringen. Mit etwas Geduld dürfen sich also auch Besitzer eines Pixel 2 oder Pixel 3 auf den neuen Assistenten oder den Astro-Modus der Kamera freuen.

Beim SoC setzt das Pixel 4 und Pixel 4 XL auf Qualcomms Snapdragon 855. Der Chip bietet insgesamt acht CPU-Kerne mit maximalen Taktraten von 1,78 bis 2,84 GHz sowie eine GPU vom Typ Adreno 640. Wie leistungsfähig diese Kombination ist, zeigt unter anderem das OnePlus 7 Pro [3]. Gegenüber der Pixel-3-Generation wurde der Arbeitsspeicher von 4 auf 6 GByte vergrößert – auch das dürfte einen kleinen Schub geben.

An anderer Stelle gibt es keine Weiterentwicklung: Das Mobilfunkmodem erlaubt zwar Übertragungsgeschwindigkeiten von bis zu 1,2 GBit/s beim Download (150 MBit/s beim Upload), allerdings nur in LTE-Netzen. Auf die Möglichkeit, den Snapdragon 855 mit Qualcomms 5G-Modem X50 zu koppeln, hat Google verzichtet. Zu den weiteren unterstützten Funkstandards gehören Wi-Fi 5 (WLAN 802.11ac), Bluetooth 5.0 nebst LE-Erweiterung und AptXHD sowie NFC.

Die Akkus fassen 2800 (Pixel 4) und 3700 mAh (Pixel 4 XL), geladen werden sie entweder mit dem beigefügten USB-PD-Ladegerät (18 W) oder drahtlos via Qi-Standard.

Wie bisher bietet Google ein handliches Modell und eine etwas größere XL-Version an. Das Pixel 4 hat ein OLED-Display mit einer Diagonalen von 5,7 Zoll und einer Pixeldichte von 444 dpi. Das Pixel 4 XL erreicht eine Diagonale von 6,3 Zoll bei 537 dpi – was bei beiden Geräten eine scharfe Darstellung garantiert. Zudem soll die Anzeige besonders bei Spielen durch eine geschmeidige und scharfe Bewegtbilddarstellung punkten. Die OLED-Displays erhöhen hierfür bei Bedarf ihre Bildwiederholfrequenz von 60 auf 90 Hz.

Die unterschiedlich großen Displays münden in deutlich voneinander abweichenden Außenabmessungen. Das Pixel 4 bringt es auf etwa 6,9 cm x 14,7 cm x 0,8 cm, das Pixel 4 XL auf 7,5 cm x 16 cm x 0,8 cm. Das sind trotz gleicher Displaygröße einige Millimeter weniger als beim Pixel 3a und Pixel 3a XL [4].

Stefan Porteck

Angeboten werden die Pixel-4-Smartphones in Weiß, Schwarz und Orange. Letztere Farbvariante gibt es nur zusammen mit dem kleineren der beiden Smartphones und auch nur in limitierter Stückzahl.

(Bild: Stefan Porteck)

Optisch bricht die Pixel-4-Generation mit den Vorgängern. Die Rückseite kombiniert erstmals nicht mehr eine glänzende und eine matte Fläche miteinander, sondern ist nun durchgehend matt -- zumindest bei den Modellen in Weiß und Orange. Die Variante in Schwarz hat eine Rückseite aus Glas und ist damit das erste Pixel-Telefon in Glossy.

Die Smartphones sollen am 21. Oktober mitsamt Android 10 in den Handel kommen. Das Pixel 4 kostet mit 64 GByte 749 Euro und das Pixel 4 XL 899 Euro. In den Speichervarianten mit 128 GByte schlagen sie mit 849 Euro beziehungsweise 999 Euro zu Buche. Damit sind sie 50 bis 100 Euro günstiger als die Pixel-3-Modelle im vergangenen Jahr und bleiben unter der 1000-Euro-Schallgrenze. (pbe [5])


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[2] https://www.heise.de/newsticker/meldung/Google-Handy-Pixel-4-kommt-mit-Radar-Chip-Soli-4483004.html
[3] https://www.heise.de/tests/Oneplus-7-Pro-Mehr-Kameras-mehr-Display-4421763.html
[4] https://www.heise.de/tests/Google-Pixel-3a-und-3a-XL-Guenstige-Android-Smartphones-mit-Spitzenkamera-4429649.html
[5] mailto:pbe@heise.de