Google bringt neue Aktiengattung

Der vierstellige Preis der Google-Aktie erschwert Kleinanlegern den Kauf. Im April wird der Preis halbiert; die Gewinner sind die Unternehmensgründer Larry Page und Sergey Brin.

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Derzeit gibt es zwei Arten von Google-Aktien: Die an der Börse gehandelten Papiere der Klasse A garantieren je eine Stimme in der Aktionärsversammlung. Sie werden unter dem Börsensymbol GOOG gehandelt und kosteten Donnerstagabend je 1.182,10 US-Dollar. Die hauptsächlich den Google-Gründern Larry Page und Sergey Brin gehörenden Klasse-B-Aktien verbriefen pro Stück denselben Anteil wie A-Aktien, gewähren aber zehn Stimmen. Sie sind nicht handelbar. Solche Konstruktionen sind keine Google-Besonderheit.

Neue A-Aktien werden laufend an Mitarbeiter ausgegeben. Außerdem könnte Google bei der Übernahme anderer Unternehmen deren bisherige Eigentümer mit solchen Anteilscheinen statt mit Geld entschädigen wollen. Und ab und zu müssen Page und Brin B- in A-Aktien umwandeln, um sie verkaufen zu können. Die Zunahme der A-Aktien bedroht also die Herrschaft der B-Aktien, trotz deren zehnfachen Stimmengewichts.

Die C-Aktien

Daher hat ein speziell eingerichtetes Gremium C-Aktien ersonnen. Sie verbriefen überhaupt kein Stimmrecht mehr. Am 2. April werden alle bisherigen A-Aktien durch zwei neue Anteilscheine ersetzt, die jeweils nur das halbe Eigentum an Google verbriefen: Neue A-Aktien mit dem neuen Börsensymbol GOOGL, und neue C-Aktien, die unter dem alten Zeichen GOOG erscheinen sollen.

Bei den B-Aktien ändert sich nichts. Sie entsprechen demselben Anteil wie bisher und behalten auch das zehnfache Stimmengewicht. Google-Mitarbeiter bekommen in Zukunft nur noch die stimmrechtslosen C-Aktien und sind damit die wahren Verlierer. Bei Übernahmen anderer Firmen werden wohl auch C-Aktien als Währung dienen.

Da sie nur noch den halben bisherigen Anteil darstellen, werden die neuen A-Aktien am 3. April etwa den halben Preis haben. Über den Preis der C-Aktien streiten sich die Geister. Sind sie ohne Stimmrecht weniger wert? Oder ist es egal, weil sowieso die B-Aktien bestimmen, wo es lang geht?

Aktionäre waren dagegen

Natürlich mussten die Google-Eigner über das Vorhaben abstimmen. Die A-Aktionäre haben es 2012 mit überwältigender Mehrheit abgelehnt. Da aber die B-Aktionäre dafür waren, und deren Stimmen zehnfach zählen, wurde der Plan genehmigt.

In den USA zieht so etwas eine Sammelklage nach sich, welche die Sache verzögert und mit einem Vergleich endet. So geschah es auch hier. Im Herbst 2013 einigte sich Google mit den Klägern. Sollte der volumengewichtete Durchschnittspreis der C-Aktien im ersten Jahr mehr als ein Prozent unter jenem der A-Aktien liegen, zahlt Google eine Teilentschädigung.

Wirtschaftswissenschaftliches Rätsel

Dieser Vergleich hat zwei Haken. Einerseits zahlen nicht Page und Brin die Entschädigung, sondern Google. Damit entschädigten sich die Aktionäre selbst. Da viele von ihnen sowieso Dividenden fordern, ist das nicht weiter tragisch – es sei denn, die Entschädigung fließt statt in Bargeld in C-Aktien, wozu Google ausdrücklich berechtigt ist.

Andererseits hat es die Berechnungsformel in sich. Bei einer volumengewichteten Differenz der durchschnittlichen Tagesschlusskurse von 1-2 Prozent zahlt Google ein Fünftel der Differenz an die C-Aktionäre. Bei 2-3 Prozent zwei Fünftel der Differenz, bei 3-4 Prozent drei Fünftel, bei 4-5 Prozent vier Fünftel und bei mehr als fünf Prozent ist Schluss: Dann zahlt Google fünf Prozent des Durchschnittspreises der A-Aktien.

Inhaber von C-Aktien können also im Laufe des ersten Jahres mit einer Entschädigung spekulieren. Das erhöht den Wert und damit den Kurs der C-Aktien, was eine Entschädigung wiederum unwahrscheinlicher macht. Ohne Entschädigung ist die C-Aktie aber vielleicht weniger interessant, womit … sich eine Art Feedbackschleife ergibt. Der Fall lädt zu wissenschaftlichen Studien ein.

Den Google Aktiensplit hacken

Mathematiker können sich mit einem anderen Problem befassen: Theoretisch wäre im Laufe des ersten Jahres Arbitrage zwischen A- und C-Aktien denkbar, selbst wenn deren Kurse exakt gleich sein sollten. Bei einer klassischen Arbitrage nutzt man unterschiedliche Preise desselben Produkts auf unterschiedlichen Märkten aus. Hier aber könnte jemand mit sehr viel Geld versuchen, künstlich eine Differenz in den Handelsvolumina zwischen A- und C-Aktien herbeizuführen, um die Auszahlung am Jahresende zu manipulieren. Denn die entscheidenden Parameter sind ja die volumengewichteten (!) Durchschnittspreise. Weil die Kurse im Jahresverlauf variieren, könnten unterschiedliche Handelsvolumina zwischen A- und C-Aktien zu einer Entschädigungszahlung führen, selbst wenn nie ein Preisunterschied bestünde. Umgekehrt wäre es denkbar, dass eine Entschädigung ausbleibt, auch wenn die C-Aktien billiger wären.

Matt Levine von Dealbreaker hat das Problem anschaulich erläutert. Viel Spaß beim Herumrechnen! (ck)