Google und Aufsichtsbehörden ignorieren Kritik an Cookie-Ersatz Topics

W3C und Entwickler anderer Browser warnen vor Googles neuem Werbe-Tracking. Datenschutz und Privatsphäre seien auch beim Cookie-Nachfolger nicht gegeben.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 24 Kommentare lesen

(Bild: Datenschutz-Stockfoto/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Frank Schräer
Inhaltsverzeichnis

Das World Wide Web Consortium (W3C) sowie Entwickler anderer Browser haben Googles neuen Ansatz zielgerichteter Online-Werbung kritisiert. Googles Topics sei als Nachfolger der Werbe-Cookies ungeeignet, ungewünschtes Tracking und Profiling zu verhindern. Das W3C als internationales Gremium für die Entwicklung von Web-Standards etwa erklärt, dass damit die "unangemessene Überwachung im Internet" beibehalten bleibe.

Google ignoriert die Kritik bislang und hält an seinen Plänen von Anfang 2022 fest, Topics als Cookie-Ersatz und neues Modell für Online-Werbung einzuführen. Allerdings verschiebt sich Googles Nachfolger für Werbe-Cookies. Erst in der zweiten Jahreshälfte 2024 will der Konzern damit "beginnen, die Drittanbieter-Cookies in Chrome standardmäßig abzuschaffen" und mit der sogenannten Privacy Sandbox zu ersetzen.

Mit der neuen Topics-API soll Chrome automatisch erfassen, welche Websites ein Nutzer besucht, und ihm bestimmte Interessen zuordnen. Wer etwa täglich auf Sportschau.de surft, ist ein Sportfan; wer hingegen die Website der New York Times aufsucht, ist vermutlich an Politik interessiert. Aus diesen Infoschnipseln fügt der Browser ein Interessenprofil zusammen, das Werbetreibende über die Topics-API anzapfen können, um Anzeigen gezielt auszuspielen.

Die "Technical Architecture Group" (TAG) des W3C hat eine Reihe von Bedenken hinsichtlich der Topics-API, nachdem Google diese zur Prüfung im letzten März vorgelegt hat. Die Internet-Nutzer würde durch die Topics-API nicht ausreichend geschützt. Eine Sprecherin der TAG erklärte, dass die Gruppe nicht wolle, dass Google in dieser Richtung fortfährt.

Das W3C ist aber nicht der Einzige mit Kritik an der Topics-API. Auch Entwickler anderer Browser-Engines stimmen ein. WebKit etwa warnt davor, bestehende Datenschutzmängel als "Vorwand für Datenschutzmängel in neuen Spezifikationen und Vorschlägen" zu verwenden. Mozilla hält Topics "eher dafür, den Nutzen der Informationen für Werbetreibende zu verringern, als dass sie einen sinnvollen Schutz der Privatsphäre bieten".

Sollten andere Browser Googles Vorstoß nicht unterstützen, könnte das zu einer Fragmentierung des Internets führen. Websites könnten Besucher mit anderen Browsern blockieren, sollten diese nicht auf der Chromium-Engine basieren. Das ist auch einer der Kritikpunkte des W3C.

Neben technischer Opposition zur Topics-API sind auch die Aufsichtsbehörden gefragt, aber zumindest in Großbritannien werden Bedenken ebenfalls ignoriert. Das britische Information Commission's Office (ICO) etwa ist für den Datenschutz zuständig, hat aber auf Anfrage von TechCrunch zu den Auswirkungen von Google Topics auf die Privatsphäre zunächst einige Tage gar nicht reagiert und dann einen Kommentar abgelehnt.

Die britischen Regulierungsbehörden erklärten lediglich, dass sie sich weiter im Dialog mit Google befinden. Zudem verweisen sie auf vorherige Prinzipien und Empfehlungen für die Werbeindustrie, nach denen Nutzern die Wahl gegeben werden muss, Werbung auch ohne Tracking, Profiling oder die Verarbeitung persönlicher Daten zu bekommen.

[Update 25.1.2023] Google hat uns dazu eine Stellungnahme zur Verfügung gestellt (frei übersetzt): "Topics unterstützt interessenbezogene Anzeigen, die das Web frei und offen halten, und verbessert den Datenschutz im Vergleich zu Cookies von Drittanbietern erheblich. Das Entfernen von Cookies von Drittanbietern ohne praktikable Alternativen schadet den Publishern und kann zu schlechteren Ansätzen wie verdecktem Tracking führen. Viele Unternehmen testen aktiv Themen und Sandbox-APIs, und wir verpflichten uns, die Tools bereitzustellen, um den Datenschutz zu verbessern und das Web zu unterstützen." [/Update]

(fds)