Google will mentale Krisen mit Künstlicher Intelligenz bei der Suche erkennen

Eine KI soll Betroffene in Krisensituationen erkennen und Suchergebnisse liefern, mit denen sie sich selbst Hilfe bei anderen Menschen holen können.

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Google Suchbeispiel

(Bild: Aleksey Boyko/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Imke Stock

Anlässlich des Welttags für psychische Gesundheit am Montag hat Google eine neue Funktion für die Suchmaschine angekündigt: Eine künstliche Intelligenz (KI) soll lernen, mentale Krisen bei der suchenden Person zu erkennen, um dann bessere Hilfen in den Suchergebnissen anzubieten. Das können beispielsweise Kontakte der Telefonseelsorge sein. Google will hier in den nächsten Monaten geeignete nationale Ansprechpartner identifizieren.

Sucht eine Person direkt nach Themen wie Suizid, Gewalt oder Substanzmissbrauch, kann Google dies einfach erkennen. Jedoch suche nicht jede Person, die in einer Krise steckt, nach einem so leicht für Google erkennbaren Schema, teilte das Unternehmen mit. Hier soll die KI helfen, automatisch und akkurater als bisher mögliche Absichten hinter der Suche zu erkennen. Deshalb sei maschinelles Lernen zum Verstehen und richtigen Interpretieren der Sprache so wichtig.

Die Funktion soll laut Google ab dieser Woche weltweit zur Verfügung stehen. Sie ist Teil der Strategie, Künstliche Intelligenz für Sicherheitsaspekte zu nutzen. Google betont: Wenn es um psychische Gesundheit geht, sei die Verbindung von Menschen der wichtigste Lösungsansatz. KI und andere Technologien könnten zeitnah lebensrettende Ressourcen dafür bereitstellen.

Abgesehen von existenziellen persönlichen Krisen suchen Nutzerinnen und Nutzer über Google auch allgemein nach Informationen in Bezug auf ihre mentale Gesundheit. Weltweit sind nach Schätzung der WHO fast eine Milliarde Menschen von einer psychischen Störung betroffen. Im Zuge der Corona-Pandemie haben Angst und Depressionen weltweit zugenommen. Erfahrungen anderer Menschen in ähnlicher Lage können für Betroffene hilfreich sein. Diese Menschen will Google miteinander verbinden.

In den USA starteten vor Kurzem auf Youtube die "Personal Stories". Hier teilen Youtuber ihre persönlichen Erfahrungen und Geschichten zu Gesundheitsthemen, wie etwa den Umgang mit Angst, Depressionen, posttraumatischen Belastungsstörungen, Sucht oder anderen Verhaltensstörungen. Youtube plant, diese persönlichen Story-Videos in weiteren Regionen der Welt zur Verfügung zu stellen und auf mehr Gesundheitsthemen auszuweiten.

Google unterstützt finanziell und mit seinem technischen Know-How das US-amerikansiche Trevor Project, das eine rund um die Uhr verfügbare Krisen- und Suizid-Telefonseelsorge anbietet, die sich an junge Mitglieder der LGBTQ+ Community richtet. Diese Gruppe sei besonders von Herausforderungen in Bezug auf ihre mentale Gesundheit betroffen. Mit Hilfe eines KI-Systems sollen stark Suizid gefährdete Hilfesuchende identifiziert werden, damit ihnen schnell geholfen werden kann.

Darüber hinaus hat das Trevor Project mithilfe von KI ein Trainingssystem ("Crisis Contact Simulator") für Berater in der Krisenintervention aufgesetzt. Dazu wurden verschiedene virtuelle Persönlichkeiten – mit entsprechenden psychischen oder anderen Lebensproblematiken – erstellt, mit denen dann die Gesprächsführung geübt wurde. So können zeitnah mehr Berater ausgebildet werden. Es ist geplant, die Hilfe über die Trevor Helpline auf weitere Länder auszuweiten.

Ähnliche Unterstützung will Google nun auch der Organisation "ReflexAI" zukommen lassen. Dort soll eine Krisensimulationstechnologie mit Hilfe von KI für die Zielgruppe der Veteranen Community erstellt werden. Grund dafür ist eine Suizidrate von mehreren tausend Personen dieser Gruppe pro Jahr allein in den USA.

Künstliche Intelligenz wird nicht nur präventiv eingesetzt. Mit ihrer Hilfe können bereits Diagnosen auf Knopfdruck erstellt werden. Abseits einer Recherche bei „Dr. Google“ sind Symptom-Checker-Apps und Apps für Hautscans im Heimgebrauch und können erste Anhaltspunkte für einen Arztbesuch liefern.

KI-gesteuerte virtuelle Coaches gibt es bereits im Fitnessbereich. Eine Ausweitung auf den Bereich der psychischen Gesundheit findet bereits statt. Als Beispiel kann hier die KI Clare genannt werden. Diese soll als Gesprächspartner bei psychischen Problemen helfen, da die Wartezeit auf einen freien Therapieplatz lang sein kann.

(imst)