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Grenzwertig: Geld verdienen mit nachgebauten Apps

Die erfolgreichen GeschĂ€fte mit Apps fĂŒr Smartphones und Tablets rufen immer mehr Nachahmer auf den Plan. Es winkt das schnelle Geld – auch ohne viel Programmiererfahrung.

Das Spiel "Flappy Bird" gilt aktuell als ein Paradebeispiel fĂŒr eine erfolgreiche Smartphone-App. Der kleine Vogel, der nicht gegen Röhren fliegen durfte, kletterte mĂŒhelos an die Spitze der App-Charts. Und es folgten unzĂ€hlige Nachahmer. Ob Fische, Schweine, Ponys oder sogar eine "Flappy Dragqueen" – meist wurde der Vogel einfach ausgetauscht. Noch Wochen nachdem sein Erfinder das Spiel aus den Download-Plattformen entfernt hatte [1], ĂŒberschwemmten "Flappy Bird"-Klone [2] die App-Stores.

Das Nachbauen von Apps hat sich zu einem eigenen Markt entwickelt. Abkupfern spart Zeit und verspricht schnelles Geld. Der Markt fĂŒr mobile Spiele ist groß: Nach Zahlen des Bundesverbandes Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU [3]) daddeln mittlerweile allein in Deutschland fast 21 Millionen Menschen auf Smartphones oder Tablets. Gleichzeitig gibt es mehr Konkurrenz. Die Berliner Spielefirma Wooga schĂ€tzt, dass jeden Monat etwa 1000 neue Spiele auf den großen App-Plattformen auftauchen. Wer da einen Hit landen will, braucht eine gute Idee, Zeit, Geld und viel GlĂŒck. Die Versuchung, sich einfach in den Windschatten einer beliebten App zu hĂ€ngen, ist groß.

GrenzfÀlle

Die Nachahmer nutzen verschiedene Methoden. Manche kopieren einfach das Aussehen oder den Namen einer App und hoffen auf einen Verwechslungseffekt. Andere tauschen Werbebanner durch eigene aus und verdienen so an ihrer Kopie. Oder sie schleusen mit den geklonten Apps Schadsoftware auf die GerĂ€te. Einmal installiert, werden im Hintergrund Daten ausgespĂ€ht oder ĂŒberteuerte Textnachrichten verschickt.

Das Grundproblem sei, dass der Programmcode einer App relativ leicht zugĂ€nglich sei, sagt Candid WĂŒest. Er analysiert fĂŒr die Sicherheitssoftware-Firma Symantec Bedrohungen im Internet. Die Programm-Bausteine der Apps zu finden, "ist eine Sache von fĂŒnf Minuten", sagt er. Und es brauche keine großen Programmierkenntnisse, um sie in Details zu verĂ€ndern und als neue App auf den Markt zu bringen. Im Internet kursieren die Anleitungen. Vor allem Android-Apps seien davon betroffen, sagt WĂŒest. "Bei Apple werden Apps rigoroser geprĂŒft. Zudem gibt es nur einen Markt fĂŒr iOS-Apps. Bei Android-Apps gibt es viele." Und gerade ĂŒber die vielen kleinen Download-Shops kommen oft bösartige Apps auf die GerĂ€te.

Sich inspirieren zu lassen, ist natĂŒrlich nicht verboten. Viele KĂŒnstler – ob in Musik, Malerei oder bei Spielen – hatten Vorbilder. "Im Grundsatz gilt: Ideen sind frei. Nachahmen ist nicht generell verboten", sagt Maximilian Schenk, GeschĂ€ftsfĂŒhrer des BIU. Doch auch Programmierer haben Urheberrechte, deswegen gebe es GrenzfĂ€lle. Wer ein Datenpaket einfach kopiere, handle womöglich rechtswidrig.

Gewissensfrage

Das schadet den ursprĂŒnglichen Entwicklern. "FĂŒr die Original-Entwickler hat ein Plagiat natĂŒrlich einen großen Nachteil: Sie verlieren Umsatz und vielleicht sogar ihren guten Ruf", sagt Tobias Arns vom Branchenverband Bitkom. Die Erfinder des Zahlenspiels "Threes", die sich ĂŒber eine Welle von Nachahmer-Apps Ă€rgerten, appellieren an das Gewissen der Nutzer: Sie gewĂ€hren im Netz Einblicke in ihren monatelangen Entwicklungsprozess, dessen Ergebnisse in kĂŒrzester Zeit kopiert wurden.

Die Spielefirma Wooga erklĂ€rt, Mitarbeiter entdeckten immer wieder Spiele, die zu nah an den eigenen Entwicklungen seien. Das melden die Entwickler dann den Plattformbetreibern von Google oder Apple. Die Erfolgsaussichten seien in der Regel gut, dass ein Klon ĂŒber kurz oder lang entfernt werde.

Allerdings ist manchmal gar keine Kopie notwendig, um Nutzer zu tĂ€uschen. Die App "Virus Shield" schoss vor kurzem auf den ersten Platz der Downloadcharts – bei einem Preis von 3,99 US-Dollar. Der Virenschutz schien denkbar einfach zu funktionieren. War ein Haken zu sehen, sollte das Smartphone sicher sein. Das Problem: Die App war gar kein Virenschutz [4], wie die Technik-Webseite "Android Police" beschreibt. Ihre einzige Funktion: Sie konnte einen Haken anzeigen. (map [5])


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https://www.heise.de/-2173424

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.heise.de/news/Entwickler-Flappy-Bird-kommt-nicht-wieder-2110642.html
[2] https://www.heise.de/news/Flappy-Bird-Klonflut-in-Apples-App-Store-2126870.html
[3] http://www.biu-online.de/
[4] https://www.heise.de/news/Tausendfach-installierter-Viren-Scanner-fuer-Android-ist-nutzlos-2166224.html
[5] mailto:map@ix.de