Großbritannien: Debatte um Suizid-Warner auf Twitter

Eine britische Hilfsorganisation hat eine Twitter-App veröffentlicht, die das Netzwerk automatisch auf Anzeichen von emotionalen Problemen bei Twitterern durchforstet. Gewarnt wird dann ein Follower, der Betroffene bekommt nichts mit.

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Twitter

(Bild: dpa, Ole Spata)

Lesezeit: 2 Min.

Eine Twitter-Anwendung, die Tweets automatisch nach Anzeichen für Suizidabsichten durchsucht und dann Follower warnt, hat in Großbritannien viel Kritik auf sich gezogen. Nachdem die Hilfsorganisation Samaritans die App vergangenen Woche freigeschaltet hat, gab es heftigen Gegenwind, berichtet The Register.

Die App namens Samaritans Radar durchsucht die Timeline des Nutzers, der sie aktiviert hat. Werden darin bestimme Formulierungen gefunden, die auf emotionale Schwierigkeiten eines Twitterers hindeuten, schickt sie eine Mail an den App-Nutzer. Der kann dann entscheiden, ob die Warnung berechtigt ist und weitere Schritte eingeleitet werden sollen. Der Autor des fraglichen Tweets wird nicht informiert. Es ist davon auszugehen, dass die App bislang nur englische Tweets einbeziehen kann.

Wird die App fündig, gibt's eine Warnung per E-Mail.

(Bild: Screenshot)

Vergangene Woche beschwerten sich dann Twitterer, dass sie keinerlei Einfluss darauf hätten, ob ihre Follower die Anwendung einsetzten. Weil es keinen Hinweis darauf gibt, muss jeder damit rechnen, derart überwacht zu werden. Manche Personen könnten aber auf Twitter Follower haben, die vielleicht nichts Gutes im Sinn haben. Die könnten nun automatisch einen Hinweis erhalten, wenn man emotional gerade besonders verletzlich sei. The Register weist darauf hin, dass hier offensichtlich werde, dass für viele Nutzer "im Internet" nicht gleich "öffentlich" bedeute. Manche Nutzer würde vergleichsweise Privates posten, in dem Wissen, dass das nur von Freunden gesehen werde. Einer automatisierten Analyse würden sie deswegen noch lange nicht zustimmen.

Samaritans hat inzwischen auf die Kritik reagiert und eine eigentlich für Hilfsorganisationen gedachte Option auf private Nutzer ausgedehnt. Wer nicht will, dass seine Tweets von dem Radar überwacht werden, kann sich per Twitter-Nachricht an @samaritans auf eine Liste ignorierte Twitter-Nutzer setzen lassen. Das war eigentlich für Accounts gedacht, die etwa aufgrund inhaltlicher Ausrichtung oft Formulierungen verwendeten, die den Alarm auslösen könnten. Die erweitere Opt-Out-Option hat aber nicht alle zufriedengestellt, immerhin müsse man sich dafür auf eine Liste setzen lassen. Inzwischen gibt es deswegen auch eine Petition, in der die Abschaltung der App gefordert wird. (mho)