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"Der KI-gestützte Kandidat": Wahlprogramm von der KI in Großbritannien

Bei einer Nachwahl in Großbritannien tritt ein Kandidat an, dem eine KI entscheidend geholfen hat. Aus Online-Umfragen hat sie sein Wahlprogramm destilliert.

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(Bild: roibu/Shutterstock.com)

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Bei Nachwahlen für das britische Unterhaus in einem Wahlkreis im Norden Englands tritt auch ein selbsternannter "KI-gestützter Kandidat" an. Der Anwalt Andrew Gray hat sein Wahlprogramm nach eigenen Angaben mithilfe von Online-Umfragen erstellt, aus denen KI-Technik und Sprachmodelle die finale Fassung destilliert hätten. KI sei zwar fehlerbehaftet, gesteht er gegenüber dem Politikmagazin Politico ein, aber trotzdem sei die Technik "besser als das gegenwärtige System". Und er sage das als jemand, der bereits für die Konservativen, die Labor-Partei und die Liberaldemokraten Wahlkampf betrieben habe.

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Grays Kampagne beruht auf dem Umfragewerkzeug Polis. Das Open-Source-Tool visualisiert Meinungsbilder in Mengendiagrammen und kann dabei helfen, bei umstrittenen Sachverhalten die Nuancen von Zustimmung und Ablehnung in einer Gruppe zu ermitteln. Praktischerweise leitet Gray auch noch die Non-Profit-Organisation "Crowd Wisdom Project", die Entscheidern beim Einsatz von Polis helfen soll. Als Parlamentskandidat hat Gray nun Polis genutzt, um herauszufinden, was die Wahlberechtigten von einem Abgeordneten erwarten und das will er dann auch umsetzen. Eingeholt hat er Meinungen von 275 Personen.

Zu seinen Forderungen gehört jetzt die Renationalisierung der Bank von England und ein Ende der Leitzinserhöhungen. Es solle akzeptiert werden, dass Großbritannien sich in einer Zeit der hohen Inflation befinden. Löhne müssten erhöht werden. Ermittelt hat er auch, dass sich die Menschen höhere Steuern für Mega-Konzerne wie Amazon und eine engere Anbindung an die Europäische Union wünschen. Zur USA wollen sie eine größere Distanz. Schließlich spricht sich der "KI-Kandidat" für eine rasche Regulierung von KI aus, um Fehler bei der Aufsicht über Social Media nicht zu wiederholen.

Realistische Chancen werden Gray bei der am heutigen Donnerstag durchgeführten Nachwahl nicht eingeräumt. Erwartet wird stattdessen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der Kandidatin der Konservativen und ihrem Kontrahenten von Labor. Gray meint aber, selbst wenn er als Zweiter oder Dritter aus der Wahl hervorgeht, werde das zeigen, dass alle Wahlbezirke für solche "Guerilla-Attacken" anfällig seien. Die Abgeordneten müssten künftig die Forderungen ihrer Wähler umsetzen, sonst würden sie erdrückt.

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Mit 99 Stimmen hat Andrew Gray lediglich 0,3 Prozent der abgegebenen Stimmen erhalten und wurde letzter von neun Kandidaten.

(mho)