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Grün und politisch heikel: BMW eröffnet Werk in Mexiko

Peter Ilg
Politisch heikel: BMW eröffnet Werk in Mexiko

In Mexiko wird der Dreier gebaut.

(Bild: BMW)

BMWs erstes Automobilwerk in Mexiko soll das grünste und digitalste des Konzerns sein. Die Eröffnung wird überschattet von Drohungen des US-Präsidenten.

Der deutsche Autohersteller BMW hat am Donnerstag sein erstes Werk in Mexiko eröffnet. Der neue Standort in San Luis Potosí, etwa 300 Kilometer nördlich von Mexiko City, ist das dritte BMW-Werk in Lateinamerika. Die Eröffnung hat Brisanz: seit Monaten droht US-Präsident Donald Trump dem südlichen Nachbarn mit Strafzöllen [1] bei Einfuhren von Autos zwischen 5 und 20 Prozent.

"Wenn die Zölle kommen, gehen die Autos eben nicht mehr nach Norden, sondern Süden, Osten oder Westen", kontert Oliver Zipse, Produktionsvorstand von BMW. Trumps Aussagen sind für ihn lediglich Ankündigungen. 2014 unterzeichnete BMW den Vertrag über den Kauf des vom mexikanischen Staat subventionierten Geländes, von Strafzöllen war damals noch nicht die Rede. "Wir würden dennoch wieder so entscheiden", sagt Zipse. Das neue Werk ist eine wichtige Säule der globalen Produktionsstrategie, erklärt der Produktionsvorstand. "Wir wollen unsere Präsenz in wichtigen und wachsenden Märkten stärken."

BMW hat gut eine Milliarde Euro in das Werk investiert. Nach einer Anlaufphase soll der Standort eine Produktionskapazität von 175.000 Fahrzeugen jährlich haben. Aktuell arbeiten im Werk 2500 Mitarbeiter. Produziert wird die 3er Limousine, die erfolgreichste Baureihe der Marke BMW. Im April liefen die ersten etwa 80 Autos von den Bändern, im Mai waren es schon knapp unter 200. So wird die Produktion sukzessive gesteigert.

Tausende Solarpanels liefern Strom für das Werk.

Tausende Solarpanels liefern Strom für das Werk.

(Bild: BMW)

Werksleiter ist ein äußerst erfahrener Mann der Münchner: Hermann Bohrer. Es ist bereits das fünfte Werk, das unter seiner Regie läuft. Bohrer war in Südafrika, in Regensburg, bei Rolls Royce in England und Leiter der Motorradfertigung in Berlin. "Einen besonderen Fokus haben wir von Beginn der Planung an auf Nachhaltigkeit gelegt: darin setzen wir neue Maßstäbe in unserem Produktionsnetzwerk", sagt Bohrer.

Das mexikanische Werk soll das ressourceneffizienteste im BMW-Produktionsnetzwerk sein. In keinem anderen Werk wird so wenig Wasser für die Produktion eines Autos gebraucht wie dort, sagt BMW. In Mexikos Mitte steht die erste vollständig prozessabwasserfrei arbeitende Lackiererei des Unternehmens. Das für die Lackierung der Autos benötigte Wasser wird aufbereitet und wiederverwendet.

Der Strom für die Fabrik soll zu 100 Prozent CO2 frei sein. Ein Teil wird mit Windkraftanlagen erzeugt, der andere in einer über 70.000 m2 großen Solaranlage auf dem Werksgelände. 70.000 Solarpanels sind bereits montiert. Platz dafür ist ausreichend vorhanden: das Gelände hat eine Fläche von 1,5 × 1,5 Kilometer. Das Werk wirkt auf der riesigen Fläche fast etwas verloren.

BMW

(Bild: BMW)

Unter allen 31 Fabriken des Herstellers ist die in Mexiko bei Industrie 4.0 die fortschrittlichste. Die Instandhaltung ist intelligent, die Wartung der Anlagen wird vorausschauend geplant. Es ist das erste papierlose Werk von BMW. Die Mitarbeiter erhalten über Bildschirme alle benötigten Informationen. In der Motorvormontage arbeiten Roboter und Menschen Hand in Hand. Roboter drehen schwere Wellen, Menschen schrauben passgenau und mit Feingefühl zusammen.

Die Stimmung unter den mexikanischen Mitarbeitern ist gut. "Sie nehmen die ständigen Drohungen und Sticheleien von Donald Trump einfach nicht mehr ernst", sagt Werksleiter Bohrer. Außer ihm sieht man noch viele andere BMW-Mitarbeiter aus Deutschland auf dem Gelände, die beim Aufbau des Werks helfen. Die Schlüsselpositionen sind wohl alle aus dem deutschen Ausland besetzt. Im größten Trainingscenter des Herstellers werden die einheimischen Mitarbeiter nach und nach an ihre Aufgaben herangeführt.

Neue Mitarbeiter und Auszubildende werden nach dem Vorbild des dualen Ausbildungssystems aus Deutschland für die Produktionsprozesse qualifiziert. "Das sichert die hohen Qualitätsansprüche an unsere Premiumprodukte", sagt Milagos Caina-Andree, Personalvorstand von BMW. Etwa 250 mexikanische Azubis wurden nach deutschen Ausbildungsstandard in technischen Berufen qualifiziert. Mit 28,5 Jahren ist das Durchschnittsalter der Beschäftigten gering, der Frauenanteil mit 36,5 Prozent in der Produktion sehr hoch.

Hauptaufgabe der Mitarbeiter ist es, Autos zusammenzubauen. Nur etwa 10 Prozent der Produkte fertigt BMW selbst, das Gros kommt von Zulieferern. So verwundert es nicht, dass bei voller Produktionsauslastung etwa 400 LkWs täglich ihre Fracht in San Luis Potosí abladen. "Der Standort in Mexiko ist für uns ein entwicklungspolitischer", sagt Zipse. Die USA standen deshalb nicht zur Debatte, weil der Markt dort ein reifer sei und in Südamerika ein hohes Wachstumspotenzial bestehe.

"Wir können in Mexiko auf eine starke Lieferantenbasis bauen", sagt Andreas Wendt, Vorstand bei BMW für Einkauf und Lieferantennetzwerk. Seit über zehn Jahren beziehe das Unternehmen Produkte von dort. In jedem Fahrzeug von BMW ist bereits heute mindestens ein Teil von einem der 220 mexikanischen Lieferanten verbaut. Das Einkaufvolumen von BMW in Mexiko betrug im vergangen Jahr 2,5 Milliarden US-Dollar.

Hinweis: BMW hat die Reisekosten des Autors zur Eröffnung übernommen. (vbr [2])


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[1] https://www.heise.de/news/Trump-weitet-Handelskrieg-in-China-und-Mexiko-aus-4436538.html
[2] mailto:vbr@heise.de