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HP wagt Vorstoß mit sparsamen ARM-Servern

Erich Bonnert

Hewlett-Packard stellt einen Server mit ARM-SoCs der texanischen Firma Calxeda vor, die deutlich sparsamer arbeiten als die in Servern marktführenden Xeons von Intel. HP will die Baureihe erweitern.

Project Redstone: Rack-Chassis für vier Sub-Chassis mit je bis zu 18 EnergyCards.

(Bild: HP)

HP, der weltweit mit Abstand führende Hersteller von Servern mit x86-Prozessoren, hat einen ersten Server mit ARM-Rechenkernen vorgestellt. Die HP Redstone Server Development Platform ist mit Systems-on-Chip (SoCs [1]) der texanischen Firma Calxeda bestückt, die deutlich sparsamer arbeiten als die in Servern marktführenden Xeons von Intel. Unter dem Namen Project Moonshot [2] will HP die Baureihe der sparsamen, extrem dicht gepackten Maschinen erweitern. Künftig sollen auch Intel-Atom-Prozessoren zum Einsatz kommen, wie sie etwa SeaMicro bereits verwendet [3], mittlerweile auch in x64-Versionen [4]. Doch Intel zählt bislang nicht zu den Moonshot-Partnerfirmen, anders als etwa ARM, Calxeda, Canonical und Red Hat – und überraschenderweise auch AMD.

Das erste Moonshot-Produkt arbeitet mit Cortex-A9-Cores von ARM. Die Entwicklungsplattform soll 2012 in begrenzter Stückzahl an ausgewählte Kunden geliefert werden und (Software-)Entwicklern in sogenannte Discovery Labs zur Verfügung stehen. Die Redstone Server Development Platform vereint maximal 2880 Server beziehungsweise "Nodes" in einem einzigen 19-Zoll-Rack. Im Vergleich zu herkömmlichen Servern schrumpft das Gerätevolumen somit um 94 Prozent und die Kosten sinken um 63 Prozent, sagte HP-Vizepräsident Paul Santeler. Der Energieverbrauch könne bei bestimmten Anwendungen und Arbeitslasten um fast 90 Prozent sinken. Die Ersparnisse resultieren demnach aus dem Einsatz der energieeffizienten ARM-Architektur sowie der SoC-Integration von Komponenten wie Speicher- und Netzwerk-Controllern.

Calxeda [5] – bis vor etwa einem Jahr hieß das 2008 gegründete Unternehmen SmoothStone [6] – positioniert seine Chips speziell für Anwendungen wie Web-Server und Video-Streaming sowie für die Offline-Analysen großer Datensätze, die hochparallelisiert ablaufen können, wie Hadoop oder MapReduce. Je nach Anwendung sind aber Prozessoren mit höherer Single-Thread-Performance effizienter als sehr viele sparsamere, aber auch schwächere Rechenwerke (Wimpy Cores), wie ein Paper von Google-Experte Urs Hölzle erläutert [7] (PDF-Datei).

Auf jeder EnergyCard sitzen vier ECX-1000 mit je vier Cortex-A9 MPCores und vier SATA-Ports

(Bild: Calxeda)

HP setzt die Quad-Node-Version der EnergyCard [8] von Calxeda ein. Auf jeder sitzen vier "Nodes", also vier Systems-on-Chip des Typs EnergyCore ECX-1000 [9] mit je vier Cortex-A9 MPCores. Die Rechenwerke laufen, ähnlich wie bei aktuellen Tablets, mit 1,1 bis maximal 1,4 GHz. Das SoC soll dabei unter Volllast 1,5 Watt Leistung aufnehmen. Es bindet bis zu 5 SATA-Geräte an, auf der EnergyCard sind aber nur je vier nutzbar: Drei in Form von SATA-Buchsen und eine über den Kontaktkamm der Karte. Jedes SoC nutzt maximal 4 GByte ECC-Speicher in Form eines speziellen DDR3(L)-SO-DIMMs – bei Standard-SO-DIMMs für Notebooks sind die zusätzlichen Kontakte für die ECC-Prüfbits nicht vorgesehen. In jedem SoC stecken auch drei 10-Gigabit-Ethernet-(10GbE-)MACs, weitere 10-GBit-XAUIs dienen der SoC-zu-SoC-Kommunikation.

Die Quad-Node EnergyCard macht insgesamt acht 10GbE-Ports nutzbar, also zwei pro Node. Jeder der vier "Server" soll inklusive RAM maximal 5 Watt Leistung schlucken, hinzu kommt noch der Bedarf der Festplatten. Für die gesamte Quad-Node-EnergyCard mit 16 ARM-Cores und 16 GByte RAM nennt Calxeda 25 Watt maximale Leistungsaufnahme. Die PCI-Express-Ports – jedes SoC bindet auch vier PCIe-2.0-Lanes an – liegen offenbar brach.

Das ARM-SoC ECX-1000 zielt mit 10GbE-MACs, SATA-II- und PCIe-2.0-Ports auf Server.

(Bild: Calxeda)

Die vier Kerne des ECX-1000 können zusammen 4 MByte L2-Cache nutzen und besitzen die SIMD-Erweiterung NEON, FPUs und TrustZone-Einheiten. In jedem SoC steckt ein Crossbar-Switch, der die Funktionseinheiten mit bis zu 80 GBit/s untereinander verbindet. Verzichtet man auf Festplatten, kann man beim HP Redstone bis zu achtzehn Quad-Node-EnergyCards in ein Sub-Chassis packen, also 72 Nodes. Vier Sub-Chasis, also 288 Server, passen so in ein 4-HE-Chassis, von dem wiederum 10 Stück in ein Rack passen – also bis zu 2880 Nodes mit zusammen über 11.000 ARM-Cores. Rund 10.000 Cores [10] pro Rack, allerdings mit speziellem VLIW-Befehlssatz, verspricht Konkurrent Tilera. Zum Vergleich: SeaMicro bringt zurzeit 384 Dual-Core-Atoms in einem 10-HE-Chassis unter, also 1536 Nodes in einem Rack. Diese besitzen dann zusammen 3072 Cores und verarbeiten dank Hyper-Threading 6144 Threads quasi-parallel. Auch SeaMicro gönnt jeder CPU 4 GByte RAM, also 1 GByte pro Thread.

Ab ungefähr 2014 sollen laut ARM auch 64-Bit-taugliche ARMv8-SoCs [11] auf dem Markt erscheinen, die beispielsweise Appliedmicro bei TSMC fertigen lassen will. Zu den Calxeda-Investoren gehören unter anderem Globalfoundries und Texas Instruments. Auch Marvell arbeitet an ARM-Server-SoCs.

Intel hat derweil schon angekündigt [12], künftig auch (Multi-Core-)Atom-Versionen speziell für Server liefern zu wollen; bisher beackert Intel den Markt der "Micro-Server [13]" mit anderen Prozessoren. (ciw [14])


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[1] http://www.heise.de/glossar/entry/System-on-Chip-921370.html
[2] http://www.hp.com/go/moonshot
[3] https://www.heise.de/news/Cloud-Server-mit-Intel-Atom-und-spaeter-auch-ARM-Prozessoren-1021400.html
[4] http://www.seamicro.com/node/164
[5] http://www.calxeda.com/
[6] https://www.heise.de/news/ARM-Server-Startup-sammelt-48-Millionen-US-Dollar-1059593.html
[7] http://static.googleusercontent.com/external_content/untrusted_dlcp/research.google.com/de//pubs/archive/36448.pdf
[8] http://www.calxeda.com/products/energycards/quadnode
[9] http://www.calxeda.com/products/energycore/ecx1000
[10] https://www.heise.de/news/10-000-Prozessorkerne-in-einem-Server-Rack-1027899.html
[11] https://www.heise.de/news/ARM-blaest-zum-Angriff-auf-64-Bit-Server-1368660.html
[12] https://www.heise.de/news/Intel-kuendigt-mehr-Micro-Server-an-ab-2012-auch-mit-Atom-1208795.html
[13] https://www.heise.de/news/Micro-Server-fuer-die-Cloud-von-Intel-847640.html
[14] mailto:ciw@ct.de