Harte Preisvorgaben der Bundesnetzagentur für Mobilfunkbetreiber [Update]

Mit einer drastischen Senkung der Terminierungsentgelte greift die Bundesnetzagentur erstmals regulierend in den Mobilfunkmarkt ein.

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Von
  • Jürgen Kuri

Auf die vier deutschen Mobilfunkbetreiber kommen harte Preisvorgaben durch die Bundesnetzagentur zu. Wie die Deutsche Presse-Agentur am Mittwoch aus Branchenkreisen erfuhr, sollen die beiden Marktführer T-Mobile und Vodafone künftig nur noch 8,8 Cent je Minute und E-Plus und O2 einen Preis von 9,9 Cent für die Durchleitung von Telefonaten verlangen dürfen. Damit können Telefonate vom Festnetz zum Handy künftig deutlich billiger werden.

Für die Anbieter sinken die so genannten Terminierungsentgelte um 2,2 Cent (T-Mobile, Vodafone) beziehungsweise um 2,5 Cent je Minute (E-Plus, O2). Die Preise sollen ab 23. November für ein Jahr lang gelten. Die Behörde wollte noch am heutigen Tag die neuen Entgelte bekannt geben, hieß es.

Mit den Preisvorgaben hat erstmals die Bundesnetzagentur in den Mobilfunkmarkt eingegriffen. Die vier Betreiber konnten sich zuvor nicht auf einen gemeinsamen Absenkungspfad verständigen. Vor allem der Mobilfunkbetreiber E-Plus verlangte eine weitere Spreizung der Entgelte zwischen den beiden Marktführern und den zwei anderen Anbietern für die Durchleitung. Damit konnte sich das Unternehmen offenbar aber nicht durchsetzen. Im September hatten die Mobilfunkbetreiber dann überraschenderweise eine deutliche Erhöhung der Termininierungsentgelte beantragt. Dem wollte die Bundesnetzagentur nun offensichtlich nicht folgen.

[Update:

Am Mittwochnachmittag hat die Bonner Regulierungsbehörde wie erwartet die neuen Terminierungsentgelte für die Vermittlung von Gesprächen in Mobilfunknetze bekannt gegeben. Danach darf T-Mobile in Zukunft 8,78 Cent pro Minute berechnen, die kleineren Netzbetreiber O2 und E-Plus können 9,94 Cent nehmen. Eine Entscheidung über die Entgelte für den Branchenzweiten Vodafone wird aufgrund gesetzlicher Fristen erst später erfolgen. Beobachter rechnen hier jedoch mit einer Angleichung an die Gebühren der T-Mobile. Ab 23. November soll das neue Entgeltsystem in Kraft treten. Bis dahin bleiben die bisherigen Entgelte in Höhe von 11 (T-Mobile, Vodafone) und 12,4 Cent (O2, E-Plus) unverändert.

Damit ist nach Angaben der Behörde auch die Spreizung zwischen T-Mobile und den Tarifen der E-Netzbetreiber erhalten geblieben. Sie trage unterschiedlichen Kosten der 900 und 1800-MHz-Netze, dem späteren Markteintritt und den geringeren Marktanteilen der "kleinen" O2 und E-Plus Rechnung. Insgesamt korrigiere der Regulierer so die Schieflage im Wettbewerb zwischen Mobilfunk und Festnetz und verschaffe allen Beteiligten Rechts- und Planungssicherheit, erklärte der Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, am Mittwoch in Bonn. "Dabei bewegen wir uns im Rahmen der vergleichbaren und effizient arbeitenden europäischen Mobilfunkunternehmen. Gerade dieser detailliert ermittelte Vergleichsmaßstab gewährleistet, dass die deutschen Festnetzkunden nicht mehr zahlen müssen als in günstigen Ländern der EU."

Die Netzbetreiber hatten mit ihren Anträgen zu den neuen Entgelten zum ersten Mal eine kostenbasierte Berechnung der Terminierungsgebühren vorlegen müssen. Die eingereichten Unterlagen hat die Regulierungsbehörde allerdings nicht als Entscheidungsgrundlage anerkannt. Die Behörde vermisste in allen Fällen eine "verursachungsgemäße Zuordnung" der Kosten auf die Terminierungsleistungen. Die Netzbetreiber hatten aufgrund dieser Kalkulation teilweise deutliche höhere Entgelte beantragt.

Als herbe Enttäuschung bezeichnet der Präsident des Bundesverbandes Breitbandkommunikation (BREKO), Peer Knauer, dagegen die heutige Entscheidung. "Alles sprach eigentlich dafür, auf eine Größenordnung 5 Cent herunterzugehen: der europäische Vergleichsmarkt, das Gutachten von E-Plus und zuletzt die öffentliche Ankündigung von Regulierungschef Matthias Kurth, rund 6 Cent seien realistisch. Was wir hier jetzt sehen, ist ein völlig unnötiger Kniefall vor den großen Mobilfunkbetreibern und eine Missachtung ökonomischer Notwendigkeiten." Knauer stärt sich vor allem daran, dass Festnetzbetreiber deutlich mehr für die Vermittlung in Mobilfunknetze zahlen als umgekehrt.

Kurth hält sich allerdings noch eine Tür offen. "Im Laufe des nächsten Jahres werden wir einigen Grundsatzfragen, die angesichts ihrer Komplexität und infolge der unzureichenden Kostenunterlagen in dem 10-wöchigen Verfahren nicht geklärt werden konnten, vertieft nachgehen", kündigte der Chefregulierer an. Dann will er auch die Erfahrungen anderer Regulierungsbehörden auswerten und klären, welchen Einfluss UMTS-Lizenzkosten oder die Endgerätesubvention auf die Terminierungsentgelte tatsächlich haben. Das sei nicht Sache eines Gutachtens, sondern hoheitliche Aufgabe der Regulierungsbehörden. Einen entsprechenden Austausch der nationalen Behörden mit der EU-Komission will Kurth nun anregen.]

Siehe dazu auch: (jk)