Harvard-Uni stellt Tauschbörse mit Vergütungssystem vor

Nutzer des Filesharing-Dienstes "Digital Media Exchange" sollen eine Pauschalgebühr zahlen, um die Künstler für die Nutzung ihrer Medieninhalte zu kompensieren.

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Das Berkman Center for Internet & Society der Harvard Law School hat einen Filesharing-Dienst entwickelt, der die mit der Plattform zusammenarbeitenden Künstler für getauschte Dateien vergüten soll. Nutzer der P2P-Tauschbörse Digital Media Exchange (DMX) müssen ein Abonnement erwerben und zahlen eine Monatspauschale, die zwischen fünf bis zehn US-Dollar betragen soll. Die Kreativen erhalten ihre Einnahmen über ein System, das die Anzahl erfolgter Downloads misst. Die Nutzer sollen frei von Restriktionen durch Systeme zum digitalen Rechtekontrollmanagement (DRM) unbeschränkt Musik, Filme, Fernsehaufzeichnungen, Fotos, Spiele oder Textdokumente austauschen können, sofern die Urheber diese für DMX lizenziert haben.

"Wir streben bei den Inhalten ein Angebot an, das mit gängigen Tauschbörsen vergleichbar ist", erklärte die Berkman-Assistentin Elizabeth Stark bei der Vorstellung des Dienstes auf einer Veranstaltung der Fairsharing-Kampagne über "Alternativen zum Verbot der Internet-Tauschbörsen" am gestrigen Freitag in Berlin. Laut der Vertreterin der Studenteninitiative FreeCulture.org soll DMX dabei helfen, "die Rolle von Künstlern zu demokratisieren". Die Macher wollen die Bedeutung von Vermittlern wie Plattenlabels verkleinern, um gleichzeitig die Einnahmen für die Kreativen zu erhöhen.

Noch handelt es sich bei DMX um ein Forschungsprojekt. "Wir verhandeln aber gerade mit Internetprovidern und Universitäten, um eine kritische Masse an Nutzern zu erreichen." Die Organisationen könnten die fällige Pauschalgebühr direkt mit bestehenden Zahlungen für Flatrates oder Studienkosten verrechnen, hofft Stark, sodass die eigentlichen Anwender davon letztlich nichts mitbekommen würden. Parallel beraten sich die Forscher mit Künstlern, um diesen eine Beteiligung an der legalen Tauschbörse schmackhaft zu machen. Für Remixe ihrer Werke soll eine gesonderte finanzielle Vergütung gezahlt werden.

DMX ist eine Fortentwicklung des Konzepts eines Alternativen Kompensationssystems (AKS), das in Harvard primär der Rechtsprofessor Terry Fisher entwickelt hat. Ursprünglich ging es ihm darum, eine ausgeweitete Vergütungspauschale gesetzlich zu verankern, wodurch im Gegenzug aus Tauschbörsen geladende Privatkopien legalisiert werden sollten. Hierzulande und in Frankreich wird die entsprechende Debatte über die Einführung entsprechender Pauschalsysteme unter dem Aufhänger "Kulturflatrate" beziehungsweise "Global-Lizenz" geführt.

Die Idee eines AKS werde in den USA nach wie vor weiterverfolgt, führte Stark aus. Allerdings habe die Forschergemeinde angesichts der Widerstände in der Unterhaltungsindustrie sowie eines schwierigen politischen Regulierungsumfelds einen "Realitätscheck" durchgeführt und DMX als Gegenstück entworfen, das ohne neue Gesetze auskomme und auf der freiwilligen Beteiligung aller Mitwirkenden beruhe. Auch hier ist Fisher wieder federführend. Andere Ansätze zum Aufbau alternativer und freiwilliger Lizenzierungssysteme für Medieninhalte, wie sie jüngst etwa die US-Bürgerrechtsbewegung Electronic Frontier Foundation (EFF) vorschlug, hält Stark dagegen für "Karteileichen". Im Unterschied zu DMX würden in diesen Bereichen momentan keine Gespräche mit Künstlern oder Verwertungsgesellschaften geführt. (Stefan Krempl) / (ghi)