Hintergrund: Das neue Polizei-Informationssystem

Trotz der Schwierigkeiten bei der Einführung feiert das Bundeskriminalamt sein Computersystem INPOL-neu als "historischen Kraftakt" für die deutsche Polizei.

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  • dpa

Trotz der Schwierigkeiten bei der Einführung feiert das Bundeskriminalamt sein Computersystem INPOL-neu als "historischen Kraftakt" für die deutsche Polizei. An Stelle des 28 Jahre alten, immer wieder umgebauten Systems INPOL soll es künftig Informationen über Straftaten und verdächtige Personen erfassen und sie in bisher nicht gekannter Weise zusammenführen. Damit ist ein Betriebssystemwechsel von Unix auf Windows verbunden. Die beiden Systeme sollen von April an für sechs Monate parallel laufen, bis dann INPOL-alt abgeschaltet wird.

Bislang wurden bei INPOL-alt in verschiedenen separaten Dateien Angaben über Personen, Kriminalakten, Straftaten und Haftstrafen getrennt voneinander gesammelt. Bestimmte, streng voneinander abgeschirmte Dateien waren nur genau definierten Benutzern zugänglich. Angeschlossen an INPOL sind das BKA, die Länder-Polizeien, der Bundesgrenzschutz und die Zollbehörden.

Im Unterschied zum alten System wird bei INPOL-neu jede Information nur einmal eingegeben und kommt in einen gemeinsamen Daten-Pool. Damit kommt der Ersteingabe eines Datensatzes auf den Revieren der Länder-Polizeien eine erheblich höhere Bedeutung zu. In der Vergangenheit mussten die Sachbearbeiter ein und denselben Fall mehrfach in die verschiedenen parallelen Länder- und Bundessysteme einschreiben, die sich zudem noch in unterschiedliche Daten-Töpfe aufteilten. Bei Überlastung der Mitarbeiter unterblieben häufig die Einträge in das bundesweite System, berichtet der BKA-Experte Peter Sehr.

An die Stelle der wenigen Eingabestellen von INPOL-alt etwa bei den Landeskriminalämtern muss daher ein enges Netz geknüpft werden, an das im Idealfall jeder polizeiliche Arbeitsplatz angeschlossen ist. Das BKA spricht von einem "flächendeckenden Sachbearbeiterprinzip", für das aber vielerorts die Rechner fehlen. Die bisherigen Unix-Computersysteme der meisten Länder-Polizeien können dafür nach BKA-Meinung nicht verwendet werden.

Datenschützer haben in der Vergangenheit die Möglichkeit kritisiert, künftig die gesamte "kriminelle Karriere" jeder Person abbilden zu können. Das BKA müsse sich bei seiner Erfassung auf "Straftaten mit länderübergreifender, internationaler oder erheblicher Bedeutung» beschränken, heißt es in einer Entschließung der Datenschutzbeauftragten vom März vergangenen Jahres. Der unterschiedliche Zugang zu der Datenbank soll über hierarische Zugangsberechtigungen geregelt werden, sodass nicht jeder Nutzer jede Information erhalten kann.

Im System INPOL-alt sind nach BKA-Angaben derzeit rund 790.000 Personenfahndungen enthalten, wobei allerdings der Großteil von etwa 580.000 auf Ausweisungsverfügungen gegen untergetauchte Ausländer zurückgeht. In der Sachfahndungsdatei sind rund acht Millionen Gegenstände erfasst, die im Zusammenhang mit Verbrechen stehen. Den Großteil machen verschwundene Ausweispapiere (3,6 Millionen) und Fahrräder (1 Million) aus. Ebenfalls enthalten sind 160.000 gesuchte Schusswaffen, 40.000 Lastwagen und 37.000 Krafträder. (dpa) / (jk)