Hintergrund: Die Netzwerkgiganten schwächeln

Auch die Anbieter von Netzwerk- und Kommunikationstechnik bekommen zu spüren, dass das Unternehmenswachstum und der Aufwärtstrend an den Börsen nicht ewig anhält.

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Von
  • Rudolf Opitz

Gewinnerwartungen werden zurückgeschraubt, Aktienkurse sinken, Entlassungen drohen. Auch die Anbieter von Netzwerk- und Kommunikationstechnik bekommen zu spüren, dass das Unternehmenswachstum und der Aufwärtstrend an den Börsen nicht ewig anhält. Anleger reagieren, seit dem tiefen Fall des neuen Marktes an der Börse, besonders sensibel auf jede Korrektur prognostizierter Gewinne nach unten.

Nachdem der weltgrößte Netzwerk-Ausstatter Cisco nach Abschluss des zweiten Geschäftsquartals mit dem Gewinn hinter den Erwartungen der Analysten um einen Cent pro Aktie zurückblieb, fiel die Cisco-Aktie um über zehn Prozent. Für das dritte Quartal rechnet das Unternehmen mit stagnierendem, ja sogar rückläufigem Umsatz und reduziertem Gewinn, was den Kurs weiter nach unten treibt.

Wie empfindlich die Börse reagiert, zeigte sich nun auch bei Broadcom, Hersteller von Chips für Netzwerktechnologie und Breitbandkommunikation, als die Firma die Gewinnerwartungen für das laufende Quartal einschränken mussten. "Wir sehen weiterhin Wachstum," sagte Broadcoms Geschäftsführer Henry Nicholas vorgestern auf der Banc of Amerika Securities Conference in San Francisco, "aber nicht wie in unserer früheren Erwartungen" – worauf die Broadcom-Papiere sofort um mehr als zehn Prozent fielen. Vermutungen, Probleme in der Beziehung mit Netzwerkausstatter 3Com seien Mitursache für die Korrektur der Prognose, wies Nicholas zurück. Schuld daran waren Gerüchte, nach denen 3Com beginne, Chips anderer Hersteller für ihre Netzwerkkarten zu nutzen. "Unsere Geschäfte mit 3Com laufen so gut wie immer", versicherte Nicholas dagegen.

3Com selbst steht alles andere als gut da. Die Umsatzzahlen im vierten Quartal 2000 fielen um 33 Prozent unter die des dritten Quartals; im Vergleich zum Vorjahr ergab sich ein Minus von 38 Prozent. Mit 340 Millionen US-Dollar lag der Verlust zwar unter den erwarteten Zahlen, um 2001 aus den Miesen zu kommen, stehen nun jedoch rigide Sparmaßnahmen bis hin zu Entlassungen an. So will das Unternehmen etwa 200 Millionen US-Dollar einsparen. Solche Maßnahmen sind auch dringend notwendig: Seit November letzten Jahres fiel die 3Com-Aktie um über 40 Prozent.

Analysten antworteten mit Abwertungen der betreffenden Papiere und korrigierten ihre Prognosen nach unten. Der amerikanische Branchenkenner Christopher Stix reagierte im Beispiel Cisco besonders kritisch. Neben der Abschwächung der amerikanischen Wirtschaft führt Stix als Gründe sinkende Investitionen der Carrier, die Abhängigkeit vom Umsatz mit etablierter Technik sowie hohe Personalkosten an. Der Markt für seit langem gängige Netzwerk-Komponenten, dürfte seiner Ansicht nach bald gesättigt sein. Daher spielen neue Technologien, wie zum Beispiel funkbasierte oder optische Netze, bei den Investoren eine immer größere Rolle.

Auch ist die Kapitaldecke der Telecom-Gesellschaften, den Hauptkunden der großen Netzwerkausrüster, seit den Versteigerungen der UMTS-Lizenzen arg dünn geworden. Cisco musste Ende letzten Jahres die Rückstellungen im Vergleich zum Vorjahr um 200 Milionen auf 275 Millionen US-Dollar erhöhen, um Ausfälle durch nicht bezahlte Rechnungen der Telecom-Firmen auszugleichen. Die Aufstockung um über 260 Prozent sorgte unter den Anlegern für einiges Aufsehen. Zwar stehen weiterhin große Investitionen für den UMTS-Bereich an, die Unternehmen müssen sie jedoch so weit es geht hinausschieben. Das Gleiche gilt für viele amerikanische Kunden, vorallem Internet-Provider. Selbst Giganten wie Nortel blicken schon, trotz allem Optimismus, leicht besorgt in die Zukunft – und auch die Schwierigkeiten bei Lucent sind nicht nur hausgemacht.

Bei allen düsteren Aussichten auf die kommenden Geschäftsquartale sehen viele Analysten doch einen Silberstreif am Investitionshimmel. Kommunikation und Vernetzung sind weiterhin Wachstumsmärkte und neue Technologien erfordern eine adäquate Infrastruktur. Analyst Michael E. Ching sieht auf lange Sicht gute Aussichten für den Markt, auch wenn er die Erwartungen für die Geschäftsjahre 2001 und 2002 dämpft. Und Christopher Stix schreibt in Bezug auf Cisco, wenn sich die ökonomische Lage und die Kapitaldecke der Investoren erholt habe, könne das Unternehmen zu einem Jahreswachstum von 30 Prozent zurückkehren. Das Problem sei, weder die Analyten noch die Firmen wüssten genau, ob und wann. (Rudolf Opitz) / ()